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Reliquien

8. August 2006

Reliquien

Letzte Woche quälte mich einmal mehr meine Verlassenheitsdepression durch die Gezeiten des Lebens. Ich fühlte mich leer, müde, antriebslos und dem letzten Rest meiner kreativen Kräfte beraubt. An das Weiterschreiben meines Romans, war trotz des Geschenks der Schneekönigin in Form von Wolken und frischer Winde, gar nicht zu denken.
Es begab sich aber zu dieser Zeit, dass im nahe gelegenen buddhistischen Tempel eine Reliquien-Ausstellung stattfand. Diese Reliquien wurden in der Asche von feuerbestatteten spirituellen Meistern gefunden. In einem Prospekt dazu heißt es:

“Die buddhistischen Texte erklären, dass durch das Betrachten von heiligen Objekten, wie zum Beispiel diesen Reliquien, die Herzen der Betrachter und das Bewusstsein inspiriert werden, sich weiterzuentwickeln. So entsteht in den Menschen die Kraft, aus liebevoller Zuneigung heraus zu handeln und Frieden in die Welt zu bringen”

Zu diesem Zweck befindet sich die Reliquiensammlung gerade auf Welttournee, damit möglichst viele Menschen in den Genuß ihrer erquickenden Wirkung kommen. Danach sollen die Reliquien für 1000 Jahre (!) in einer riesigen, 152m hohen, neu erichteten Buddha-Statue in Nordindien eingeschlossen werden. Das ganze läuft unter dem Titel Maitreya-Projekt.

“Das Maytreya-Projekt soll möglichst große, positive Auswirkungen für eine maximale Anzahl von Lebewesen erreichen und das über einen möglichst langen Zeitraum hinweg. Es basiert auf der Prämisse, dass liebevolle Zuneigung die grundlegenden Ursache für Frieden ist und dass innerer Frieden, gemäß dem Prinzip von Ursache und Wirkung, die äußere Welt befrieden wird”.

Man beachte, dass hier von Lebewesen gesprochen wird. Welch angenehmer Kontrapunkt zu den meisten Religionen mit ihrem unerträglichen Anthropozentrismus.

Ein bißchen tröstlichen Segen hatte ich bitter nötig und der Tempel liegt nur wenige Fuß-Minuten von meiner Residenz entfernt. Überrascht war ich von dem großen Andrang. Eine Warteschlange reichte über die Treppe des Tempeleingangs, über den Hof bis auf den Gehsteig hinaus. Geduldig stellte ich mich an, es ging langsam, aber stetig voran. Das schöne an buddhistischen Tempeln ist nicht nur ihre goldene, farbenfrohe Pracht, die ein mildes Lächeln auf die Düsternis meiner Seele wirft, sondern auch das sinnliche Erleben des Räucherstäbchenduftes und vor allem des Barfußlaufens, denn der Tempel darf nur ohne Schuhe betreten werden. Bekanntlich kann ich Schuhe nicht leiden und bin eine notorische Barfußläuferin in geschlossenen Räumen.
An der Pforte des Tempel schwierten mir die Reliquien-Energien entgegen. Die Energieemittenden waren auf einem baldachinbekröntenTisch in der Mitte aufgestellt. Lauter kleine, mit Gold verzierte Glasgefäße. Erst als ich an der letzten Seite des Tisches angekommen war, bemerkte ich, dass keinesfalls die Gefäße die Reliquien waren, sondern dass sich darin unscheinbare Kügelchen, Fasern oder Haare befanden. Na ja, wäre ja auch seltsam gewesen, wenn plötzlich solche Gläschen in der Asche verstorbener Meister aufgetaucht wären. Ich hatte mich damals schon vom Gold der katholischen Monstranz blenden lassen. Hatte eine Weile gedauert, bis ich kapiert hatte, dass es weniger um das sonnenförmig gegossene Gold als um die fast unsichtbare, konsekrierte Hostie, den Leib Christie, im Zentrum ging.
Nun gut, es ging ja nicht so sehr um den Anblick kleiner Fusselhäufchen sondern um die von diesen verbreitete heilsame Atmosphäre.

Zwei Mönche spendeten den Menschen Segnungen. Dazu musste man vor ihnen niederknien. Sie legten die Hände und einen goldenen, konischen Gegenstand auf den Kopf. Dieser Gegenstand diente offenbar als eine Art Antenne für die geistige Welt, die Spitze empfing und bündelte die Energie und wurde dann nach unten hin über die gesamte Calotte verteilt. Diese konische Goldkrone hatte Ähnlichkeit mit dem klassischen Zauberhut, der ja auch nichts anderes als ein Energiesammler ist. Erstaunlich finde ich, wie gänzlich verschiedene Kulturen eine solche Form unabhängig voneinander entwickeln. Das sind für mich Indizien dafür, dass dies alles wirklich keine Spinnerei ist, sondern kosmische Gegebenheit, die jedes Volk irgenwann herausfindet.
Als ich mit der Umrundung des Reliquientisches fertig war, wurde ich auch sogleich von diversen Helfern eingeladen, mir eine Segnung geben zu lassen und rutschte willig auf meinen Knien auf den Mönch zu. Eine kleine Energiedusche hatte ich bitter nötig und freute mich über den Frieden, der für einen Moment in mein Herz einkehrte.
Anschließend setzte ich mich wie viele andere für eine Weile in eine Ecke und ließ die friedliche Atmosphäre auf mich wirken.

Erstaunlich wie leise und angenehm ein Menschenauflauf sein kann. Kein Vergleich zu dem widerlichen Gegröhle, welches während der weltmeisterlichen Massenpsychose durch die Straßen zuckte.
Auf dem Hof gab es ein paar Stände mit Büchern, Seidenschals und vegetarischem Essen. Auch hier war die Lautstärke weit unter dem normalen Pegel für ähnliche Veranstaltungen.

Ich erstand noch etwas über 100 Räucherstäbchen für 7€. Wenn man bedenkt, dass man in den Esoterikläden für 10 Stäbchen locker 3€ bezahlt, ist das ein Spottpreis.

Ein wenig getröstet spazierte ich nach Hause. Natürlich hatte mich meine Dysthemie bis zum Abend wieder eingeholt, aber ich hatte zumindest während der Stunde im Tempel eine kurze Zeit des inneren Friedens.

Mit der Theorie des Buddhismus habe ich mich noch nie beschäftigt, da mich als Germanentochter die indisch-asiatische Mythologie und die zungenbrecherische Terminologie wenig anzieht. Doch den seines Folkloremantels entkleideten Kern des Buddhismus kann ich sicher unterschreiben.
Leben bedeutet immer Leiden. Ein Leben ohne Leid gibt es nicht. Ursache des Leids sind unerfüllte Wünsche, daher ist der Zustand der Wunschlosigkeit, das Nirwana anzustreben.
Stellt sich nur die Frage, was soll der ganze Mist eigentlich. Wozu muss sich durch hunderte von leidgeplagten Leben quälen? Wozu sind alle meine Atome auf Wünsche programmiert, die mir nie erfüllt werden, die ich aber auch nicht auflösen kann?
Darauf hat keine Religion eine Antwort. Vielleicht sind wir tatsächlich nur die Witzfiguren im Spiel gelangweilter Götter oder die Ausgeburten eines kosmischen Alptraums.
Jeden Morgen, wenn ich über den Expo-Plaza zum Callcenter schreite und die Fassaden der Bürogebäude betrachte, bin ich fast davon überzeugt, in der Matrix zu sein. Alles Maya. Dann denke ich, dass ich doch bald aufwachen müsse, um die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist, aber der Alptraum will einfach nicht aufhören …..

Der Beitrag wurde am Dienstag 8. August 2006 um 17:29 veröffentlicht und wurde unter Aus der Unterwelt abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare sind derzeit geschlossen, aber Du kannst einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

4 Kommentare

  • RavenRaven sagt:

    Ja, der Buddhismus ist auch für mich die sympathischste aller Glaubensrichtungen wegen des Mitgefühls allen Wesen gegenüber und der einzigartigen Toleranz, und ebenso die einleuchtendste.

    So eine Segnung hätte ich gerne miterlebt…
    Ich freue mich, wenn wir demnächst einmal zusammen den Tempel besuchen, Energie und Frieden kann ich auch sehr gut gebrauchen.

    Ich hoffe, dass ich demnächst einmal zum Artikel über den Buddhismus im Blog komme. Ohne die zahlreichen volkstümlichen Traditionen und Eigenheiten – die eigentlich für die Lehre nach ihrer eigenen Auffassung nicht notwendig sind – kann ich nach meinem bisherigen Wissen über den Buddhismus jeden seiner Grundsätze voll unterschreiben, sogar die unbequemen, mit denen wir noch Probleme haben. ;)

  • PersephonePersephone sagt:

    Auf unseren gemeinsamen Besuch im Tempel freue ich mich auch schon. So weit ich weiß ist der Tempel den ganzen Tag zugängig, es kommen ja öfter Gläubige dort vorbei, um Opfergaben abzulegen oder zu beten.
    Bin sehr gespannt auf Deinen Blog-Eintrag über Buddhismus. Ich denke auch, dass befreit von asiatischer Folklore, der Buddhismus die für uns anprechenste Religion ist. Mythologisch werde ich als überzeugte Europäerin und Germanentochter immer an nordisch-griechisch-keltischer Überlieferung hängen, aber als spirituelles Konzept jenseits des Mythos ist Buddhismus am nahe liegensten.
    Nach 38 Jahren auf diesem Planeten komme ich langsam dahinter, dass auch an den unbequemen Wahrheiten des Buddhismus etwas dran sein muss. Da meine Wünsche und Sehnsüchte null erfüllt werden, gibt es tatsächlich nur den Weg, zu versuchen, diese Sehnsüchte zumindest zu mildern, etwas mehr Gelassenheit zu entwickeln, um nicht eines Tages mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Badewanne ein einsames Ende zu finden. :roll:
    Wolf meinte neulich im chat zu mir, er käme mit der negativen Sicht des Buddhismus auf das Leben nicht klar. Er wolle noch nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich eines Tages seine Sehnsüchte erfüllen werden. Er ist 24, in diesem Alter habe ich auch noch geglaubt, dass Leben hält Glück und Liebe für mich bereit. Mittlerweile hat mir das Universum so oft einen reingewürgt, dass ich die Sicht des Buddhismus zu akzeptieren bereit bin. Wobei ich noch immer damit hadere, welchen Sinn all die Qualen haben sollen :shock:
    Diese Sicht widerspricht ja dem ganzen Universum-Bestellservice. Aber ich denke, dass Universum läßt sich nicht so einfach kategorisieren und was uns als Widerspruch erscheint ist nur ein anderer Blickwinkel. :razz:

  • RavenRaven sagt:

    Du kannst Deine germanischen Götter behalten und ich meine ägyptischen und trotzdem Buddhist sein – das ist überhaupt kein Widerspruch. :grin:

    Mit 24 habe ich auch nicht so gedacht, aber das Leben hat das mit den Jahren geändert. Bei einigen dauert es länger, bei manchen geht es schneller, die Krankheit hat sicher ihren großen Teil dazu getan.

    Das Bestellen hilft bei mir nur bei sehr kleinen Wünschen. Die großen sind zu sehr mit Angst und Sehnsüchten behaftet, selbst ohne die pessimistische buddhistische Sicht kann das nicht funktionieren.

    Jedoch musste selbst Buddha erst Überfluss und Askese kennenlernen, um die Sinnlosigkeit von beidem zu erkennen. ;) Verboten ist es nicht zu wünschen, und zudem sehr menschlich, aber da die Wünsche meist unerfüllt bleiben, schadet man sich letztendlich nur selbst mit dem daraus entstehenden Kummer. Eigentlich ist der Buddhismus nur logisch. Gut ist, was heilsam für den Menschen ist.

    Ich warte gerade auf zwei weitere Bücher von Amazon zum Thema: “Das Auge der Weisheit – Einführung in den Buddhismus für westliche Leser” und “Die Vier Edlen Wahrheiten”, beide vom Dalai Lama. Ich bin schon gespannt.

  • PersephonePersephone sagt:

    Könntest Du die Bücher mit in den Urlaub nehmen? Dann kann ich darin schmökern und mich von buddhistischen Weisheiten leiten lassen.
    Das Behalten der Götter finde ich besonders schön, das macht den Buddhismus universell und für alle Kulturen verträglich. Dass Deine Schmerzgeschichte zur schnelleren Reifung und dem Begreifen der Unerfüllbarkeit der meisten Wünsche beiträgt, liegt auf der Hand. Buddhistische Achtsamkeit und Gelassenheit sind ja mittlerweile auch der Knüller in der Psychotherapie-Szene und wichtiger Bestandteil der Salutogenese.
    Wenn es uns bei den großen Wünschen gelingen würde, gelassen zu bleiben, dann müsste es mit der Wunscherfüllung doch theoretisch klappen. THEORETISCH. In der Praxis kommte das bekannte Ergebnis raus: Lock, lock hier ist ER, ätschebätsch, ER ist aber nicht für dich.

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