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Vor Abreise

21. Januar 2008

Es ist so weit. Mein Gepäck wurde bereits am Samstag vom Kurierdienst abgeholt. Morgen fahre ich um 12:15 los und werde um 16:08 in Paderborn sein, wo mich ein Taxi erwarten wird, welches mich nach Schloss Hamborn unweit des kleinen Ortes Borchen fahren wird.
Die Zug-Fahrkarte habe ich diesmal nicht im Internet gebucht sondern ich bin zu einem Reisebüro mit dem Status einer DB-Agentur gegangen. Mein Konto ist fast leer, nicht mehr genug Geld, um die Fahrkarte zu bezahlen. Ich musste mir das Geld von meiner Mutter leihen. In der Reha-Klinik werde ich die Kosten dann erstattet bekommen.

Heute war ich noch einmal beim Hausarzt, um einige Formalitäten zu erledigen.

  1. Unterschrift zur Bestätigung meiner Reha-Fähigkeit
  2. Unterschrift für den Krankengeld-Zahlschein
  3. Rezept für mein “Opium” (Tilidin)
  4. Kopie des Arztbriefes des Onkologen nach Abschluss der Chemo

zu 1)

Dieser Wisch ist so lächerlich. Der Arzt muss folgenden Satz bestätigen:
“Meine Patientin ist belastbar für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und reisefähig.”
Diesen Zettel muss man dann bei der Ankunft in der Reha-Klinik abgeben.
Mal abgesehen davon, dass nur ich selbst beurteilen kann, ob ich mich fit genug für eine Reha fühle, habe ich doch allein durch mein Erscheinen in der Klinik bewiesen, dass ich reisefähig bin!
Ich wieß meinen Hausarzt auf die Unlogik des Scheins hin, er gab mir Recht. Auch er schüttelt oft den Kopf über die Auswüchse der Bürokratie, mit der er sich herumschlagen muss. Offenbar hatte er heute gute Laune und verwickelte mich in ein Schwätzchen über die schöne Ostsee und seine Fahrten nach Hannover im Jahr 1969. Ich dachte, wahrscheinlich bin ich die letzte Patientin in der Vormittagssprechstunde und er läßt deshalb meine Konsultation ganz entspannt ausklingen, doch als ich rauskam, saß das Wartezimmer voll. Mir sind Ärzte, die sich viel Zeit nehmen lieber als die, bei denen man so effizient wie möglich durchgeschleußt wird. Dafür nehme ich auch eine längere Wartezeit in Kauf. Beim Onkologen wird man so schnell wie möglich abgefertigt, dennoch sitze ich meist trotz Termin eine Stunde im Wartesaal, die Patientenzahl ist einfach zu groß, da es nicht viele onkologische Praxen gibt.

zu 2)

Am 03.Januar hatte ich mir den Zahlschein für den Zeitraum 29.11.2007 bis 03.01.2008 abstempeln lassen. Das Geld ist immer noch nicht da, weshalb meine finanzielle Lage zur Zeit desaströs ist. Ich habe schon zwei e-mails deswegen an die Krankenkasse geschrieben, aber keine Antwort erhalten. Bisher hatte mit der Krankenkasse alles reibungslos geklappt. Aber es ist immer so, irgendwann bricht alles ein und man muss um sein Recht kämpfen.
Ich kann mir vorstellen, dass die Krankenkasse nur einmal am Monatsende einen Zahllauf für das Krankengeld macht und ich so lange warten muss, das ist ja in Ordnung. Nicht OK ist hingegen, meine e-mails nicht zu beantworten.
Desweiteren waren mir die abzustempelnden Zahlscheine ausgegangen. Wenn man den letzten Zahlschein einschickt, kann man ankreuzen, dass man Neue benötigt. Bisher wurden die neuen Scheine immer schnell geschickt, nur jetzt haperte es ausgerechnet. Glücklicherweise hatte ich die ausgefüllten Zahlscheine als pfd gescannt. Ich eine solche pdf-Datei in Paint shop pro geöffnet, die handschriftlichen Eintragungen wegradiert und das Ding ausgedruckt. Sieht nicht sonderlich schön aus und man erkennt sofort, dass es sich nicht um ein Original handelt, aber was sollte ich sonst machen?
Nach Abschluss der Reha das Krankengeld für die Tage vor der Reha zu beantragen wäre sicher ein gräßlicher Verwaltungsakt.

zu 4)

Natürlich wollen die Ärzte in der Reha irgendeinen Befundbericht sehen, damit sie wissen, was Sache ist. Der Brief des Onkologen mit der Zusammenfassung meiner ganzen Krebsgeschichte, den er nach Abschluss der Chemotherapie an meinen Hausarzt geschrieben hat, fehlte in meiner Sammlung. Ich war sehr gespannt darauf, ihn zu lesen. Was dort steht klingt immer so scheußlich-tödlich, dass ich mich wundere, wie ich so vital herum springen kann.
Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:

“Metastasiertes Ovarialkarzinom,
Maligner Pleuraerguss rechts, Aszites, Peritonealkarzinose.
Histologie: Gering differenziertes Adenokarzinom
(bedeutet übersetzt: besonders krebsig und bösartig)
Stadium pT3c pN1 (10/39) M1 G3 R1 (Erklärung für diesen Geheimcode, alles ganz böse ;-) )
Zustand nach palliativer Debulking-OP (R1),
Zustand nach Pleurapunktion, Pneumothorax, Pleurodese Doxycyclin.
Palliative Chemotherapie Taxol 175 mg/qm, Carboplatin 5 Zyklen
Ansprechen, Normalisierung CA12-5
(das ist der Tumormarker)initial 194 U/ml am 24.07.07 normal seit 14.08.07

palliative Operation bedeutet: Op. zur Besserung der Lebensqualität, der die zugrunde liegende Krankheit (meist maligner Tumor) nicht heilt. aus Roche Lexikon.

palliative Chemotherapie bedeutet:Eine palliative Chemotherapie hat zum Ziel, Beschwerden des Patienten zu lindern und seinen Zustand und seine Lebensqualität zu erhalten und zu verbessern. Sie kommt zum Einsatz, wenn Krebs fortgeschritten ist, schon Metastasen gebildet hat und das Tumorgewebe durch eine Operation nicht mehr vollständig entfernt werden kann.
In der palliativen Situation verhindert die Chemotherapie, dass die Krankheit ungebremst weiter fortschreitet. Gleichzeitig kann der Tumor verkleinert werden, so dass sich Beschwerden und Schmerzen verringern und Komplikationen abwenden lassen. Zu einer vollständigen Heilung kommt es dennoch leider nicht. Oberstes Ziel soll es sein, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.

aus darmkrebs.de

Eine so todkranke Frau kann man doch unmöglich wieder arbeiten schicken, auch wenn ihr erstmal ein Aufschub vom Tod gewährt wurde. Dann ist sie auch noch ein Psycho-Wrack und leidet unter der berüchtigten Borderline-Störung, die ebenfalls unter der Rubrik “Weitere Diagnosen” in dem Arztbrief erwähnt wird. Es wäre doch unverantwortlich eine solche durchgeknallte Person, auf die Arbeitswelt los zu lassen.

Besonders berüchtigt ist die Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Diese Bezeichnung bedeutet in vielen psychiatrischen Einrichtungen eine wohlformulierte Beleidigung.
Dieses Zitat aus dem Buch “Die Narben der Gewalt” von Judith Hermann habe ich in dem Blog als-ob-leben? gefunden.

Nun, zumindest ist dieser Arztbrief eine gute Ausgangslage zur Zielerreichung.

Am Samstag ist Post von der Rehaklinik gekommen: ein Prospekt, der allerdings auch nicht mehr Info enthält als die Website und eine Liste der mitzubringenden Utensilien.

Als Therapeutische Maßnahmen werden aufgelistet:

  • Heileurythmie
  • Maltherapie
  • Formenzeichnen
  • Plastizieren
  • Therapeutische Sprachgestaltung
  • Rhythmische Massage
  • Krankengymnastik
  • Hydrotherapie
  • Ganzkörper und Teilpackungen

Das ist ja alles ganz nett und ich habe nichts dagegen einzuwenden. Es fällt auf, dass zwei Dinge fehlen, das Fehlen des einen ist gut und das Fehlen des anderen ist schlecht.

Gut ist das Fehlen von S P O R T. Brr, wie sehr ich Sport hasse. Wobei Sport nicht gleichzusetzen ist mit Bewegung. Bewegungen wie Eurythmie, Tanzen oder ein wenig im Bewegungsbad planschen ist etwas Feines. Nur dieses verbissene Sportgetue um der Fitness willen ist mir ein Graus. In jeder anderen Reha-Klinik gehört WALKEN zum Standardprogramm, schüttel, ekel.

Schlecht ist das Fehlen von Einzelgesprächstherapie. Wie soll ich den Leuten ohne Einzelgespräche begreiflich machen, was mein Problem ist? Dabei brauche ich nicht mal eine klassische Psychotherapie. Für mein Anliegen noch besser geeignet wäre Biographie-Arbeit. Das ist etwas durch und durch anthroposophisches, aber offenbar wird es nicht angeboten, dabei wäre es das, was mir am allermeisten helfen würde.
Der oben gelistete Therapiekatalog mag ja ganz entspannend sein und ist prima für den, der sich einfach nur von den Strapazen der Krebskrankheit und Chemo erholen will, aber meine Ergophobie bleibt davon vollkommen unberührt.

“Ernährung ist Teil der Therapie”, steht in dem Prospekt.
Würg.
Ich habe ja gar nichts gegen die lacto-vegetabile Vollwerternährung, denn Vegetarier bin ich sowieso und wenn ich mehr Geld hätte würde ich bevorzugt im BIO-Laden einkaufen. Aber dieser Kulttanz um die ach so gesunde Ernährung ist mir zu tiefst zu wider. Ich esse jeden Tag eine Riesenschüssel Salat, aber nicht weil es gesund ist, sondern weil es mir so gut schmeckt.
Den Ernährungsplan werde ich sowieso unterwandern, denn natürlich beschwert ein gigantischer Schokoladenvorrat mein Gepäck, ergänzt durch Salzbrezeln und Kartoffelsticks, gewürzt durch Walnüsse und ein paar Reiswaffeln als Füllmaterial, falls die Portionen für meinen wohlgeformten Magen zu klein sind.

Ein Schock ist meine Zimmerkategorie: “Ihr Zimmer verfügt über ein Handwaschbecken und WC/Balkon”
Hilfe, ich habe keine eigene Dusche. Igitt, das bedeutet, ich muss in die haarigen Pfützen treten, die meine Vorduscher hinterlassen haben. In solchen Dingen bin ich ein Monk! Da werde ich wohl mit meinen Badelatschen duschen müssen.

Mein momentaner Gefühlsstatus ist eine Mischung aus Angst, Wut, Genervtheit, Reisefieber, Neugier, Schwäche, Unbesiegbarkeit, Versöhnlichkeit.

Es bleibt abzuwarten, ob die Reha zu meinem Zauberberg wird oder ob sie als weiterer Krieg in meine Lebenschronik eingeht.
Für alle Fälle steht Frank als Fluchthelfer bereit.
Ich werde Heimweh bekommen. Ich werde meinen Kater vermissen und viel lieber würde ich meine Wohnung weiter einrichten.
Das Schlimmste aber ist: ich kann mich nicht mal uneingeschränkt auf meine Rückkehr nach Hause freuen, denn in jedem Fall wird mich Behörden-Terror erwarten. Und sollten die mich allen Ernstes als arbeitsfähig entlassen, droht mir ein langer Spießrutenlauf durch den Schikaneweg des Arbeitsamtes.

Am Sonntag war ich mit der Family im Senckenberg-Museum. Ich fühlte mich schwach und erschöpft.
Volle Arbeitsfähigkeit: 8 Stunden am Tag arbeiten, plus 30 Minuten Zwangspause, plus Pendelzeiten ist man 10-11 Stunden am Stück zu Gange und das 5 Tage die Woche und die folgende Woche wieder und wieder. Das würde ich niemals packen, selbst wenn ich wollte und motiviert wäre nicht. Ich habe ja schon vor dem Krebs nur 6 Stunden am Tag gearbeitet und das war mir damals schon zu viel.
Eine reduzierte Arbeitsfähigkeit in Quantität und Qualität mit Nennung der psychischen Einschränkungen (kein Publikumsverkehr, keine Überreizung, kein Telefon) wären das Mindeste, was in dem Abschlussbericht stehen müsste.

Seit ein paar Tagen sind weite Areale meiner Haut ziemlich taub. Der Tastsinn ist an diesen Stellen nur noch gedämpft vorhanden. Wenn ich meine Hand auf die Stellen lege, spüre ich zwar, dass dort etwas liegt, aber ich könnte z.B. nicht sagen, wie viele Finger dort liegen und das Kitzeln einer Feder fühle ich auch nicht mehr.
Eine Nebenwirkung meiner Zytostatika ist zwar Neuropathie, aber ich glaube kaum, dass drei Monate nach Ende der Chemo plötzlich Spätfolgen auftreten, die die ganze Zeit nicht vorhanden waren. Wahrscheinlich ist es psychosomatisch und bedeutet so viel wie: ich will nicht mehr in meinem Körper sein, weil ich mit Körper vom Arbeitsamt versklavt werde.

Nun verabschiede ich mich für voraussichtlich vier Wochen. Als Rückkehrtermin ist der 19. Februar vorgesehen, wobei ich lieber nur drei Wochen bleiben möchte, wie es üblich ist. Es ist eher die Ausnahme, dass mir gleich vier Wochen genehmigt wurden. Warum eigentlich? Ich habe da so eine Ahnung … ätsch aber nicht mit mir.

In der Reha wird über mein Wohl oder Weh entschieden. Es ist erschreckend, wie viele Macht Ärzte über das Leben von Menschen haben und was alles von ihrem Urteil abhängt. Es wäre Wahnsinn, mich arbeitsfähig zu entlassen, aber es wäre typisch für diesen Planeten der Bescheuerten und Bekloppten.

Über Sieg oder Niederlage werde ich in diesem Blog berichten

Der Beitrag wurde am Montag 21. Januar 2008 um 22:04 veröffentlicht und wurde unter Oberwelt-Abenteuer abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare sind derzeit geschlossen, aber Du kannst einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

3 Kommentare

  • RavenRaven sagt:

    Damit Du Dich nicht wunderst, wenn Du zurückkommst und hier wieder reinschaust: Ich habe die Datenbanktabelle für die Statistik geleert. Die platzte fast und war inzwischen ziemlich unleserlich wegen der vielen abgefangenen Spam-Kommentare. Bei der Gelegenheit habe ich den angesammelten Akismet-Spam auch gelöscht. Das Plugin zum Wörter-Zählen habe ich schon vor einiger Zeit eingebaut, sehr aufschlussreich. ;)

  • PersephonePersephone sagt:

    Das Wörter-Zähl-Plugin ist allerliebst. Vielen Dank dafür. Ich glaube, Deine Einträge haben im Schnitt mehr Wörter als meine, kann das sein?

    Die anderen Sachen wären mir wahrscheinlich gar nicht aufgefallen ;)

  • RavenRaven sagt:

    Das siehst Du richtig. Abgesehen von Ausnahmen (kurze Einträge zu Katastrophen, Fotos und Technik) dümpeln die meisten Einträge bei mir anscheinend um die 3.000 Wörter-Grenze herum. Der Rekord lag bei 8.000, glaube ich. Leider gibt es kein Plugin für den statistischen Mittelwert. ;)

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