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Persephones Welt » Märtyrer der Gedankenfreiheit *** Hypatia von Alexandrien

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Märtyrer der Gedankenfreiheit *** Hypatia von Alexandrien

10. November 2008

Hypatia begegnete mir schon früh in meinem Leben. Ich weiß nicht mehr wann genau und in welchem Zusammenhang, aber es war bereits zu meiner Teenager-Zeit. Seither gilt ihr, der mutigen, sich in der patriarchalischen Welt der Spätantike durchsetzenden, intellektuellen Frau, mein Respekt und meine Bewunderung.
Ihre Ermordung gehört zu einem der dunkelsten Kapitel der Kirchengeschichte – und wie bei der Mehrzahl ihrer finsteren Geschichte kommt kein Wort der Reue oder des Bedauerns über die Lippen der Kirchenvertreter. Die Kirche sollte mal zur Beichte gehen, öffentlich und schonungslos.

Aktueller Anlass über Hypatia zu schreiben, ist meine Lektüre des Romans Hypatia von Arnulf Zitelmann. Die als Jugendliteratur eingestufte Geschichte fand ich im Oxfam-Buchladen in Ffm im August 2008.

Die Mutter aller Wissenschaftlerinnen wurde im Jahre 355 (andere Quellen: 370) als Tochter des Philosophen, Astronomen und Mathematikers Theon in Alexandria geboren. Theon unterrichtete am Museion (Schrein der Musen) seiner Heimatstadt, eine Art Universität, und war der letzte Leiter der berühmten Bibliothek von Alexandria, die das damalige Wissen der (westlichen) Menschheit barg. Die Bibliothek wurde wahrscheinlich auf Grund eines Erlasses des Kaisers Theodosius I. Im Jahr 391 geschlossen. Theodosius hatte das Christentum zur Staatsreligion erhoben und in seinem Erlass verfügt, alle heidnischen Tempel zu schließen, zu denen auch der Schrein der Musen zählte. Heidnisches Gedankengut sollte die Köpfe der Menschen nicht länger vom wahren Glauben abbringen.
Es waren schwierige Zeiten für heidnische Philosophen.

Theon und Hypatia gehörten der griechischen Oberschicht an, welche die Geschicke der Vielvölker-Stadt Alexandria lenkte.
Wahrscheinlich war Theon ein Anhänger Platons und ein Neuplatonist wie später seine Tochter.
Platon hatte für einen Griechen des Altertums eine erstaunlich frauenfreundliche Einstellung, manchmal zumindest. So möchte er ihnen in seinem Idealstaat einen ebenso umfassende Bildung zukommen lassen, wie einem Mann. Auch sie könnten zu Philosophen-Königinnen werden. Ein richtiger Frauenfeind ist hingegen der bei mittelalterlischen Christen so beliebte Aristoteles, der den Frauen nicht mal einen Beitrag bei der Kinderzeugung zugesteht sondern sie nur als einen Brutschrank für den männlichen Samen ansieht.
An anderer Stelle plappert auch Platon dummes Machozeug daher:
Frauen seien wiedergeborene Männer, die in ihrem letzten Leben Verfehlungen beganngen hätten.

Wie dem auch sei – Theon befolgte Platons Rat und schenkte seiner Tochter eine umfassende Bildung.
Hochintelligent, selbstbewusst und charakterstark bewegte sie sich in den besten Kreisen Alexandrias und lehrte wie einst ihr Vater am Museon Philosophie, scharte aber auch einen Kreis von Schülern um sich, die sie zu Hause unterrichtete. Dabei nahm sie auch christliche Schüler wie der spätere Bischof Synesios von Kyrene an.
Sie war eine Vertreterin des Neuplatonismus, der die Lehre Platons und anderer Philosophen mit orientalischer Mystik vermischte.(die Seele erschafft Materie) und in Konkurrenz zum Christentum auftrat, wobei andererseits auch Kirchenlehrer wie Augustinus neuplatonische Elemente in ihre Lehre einfließen ließen.
Im Roman von Arnulf Zitelmann sucht Hypatia nach einem Ort, an dem sie Platons Philosophen-Staat errichten kann. Hier sollen nur hochgebildete, weise Menschen, die sich bis zu ihrem 50. Lebensjahr dem Studium gewidmet haben, über die anderen Herrschen. Das Konzept des lebenslangen Lernens ist mir zwar sympathisch, aber Platons Staat ist totalitär, jeder hat sich in die strenge Ordnung und das Kastenwesen einzugliedern. Paradoxerweise findet sich in dem Philosophen-Staat keine Gedankenfreiheit und ich bezweifle, dass Hypatia eine solchen Staat hätte gründen wollen.

Als Mathematikerin verfasste Hypatia ein 13-bändiges Werk zur Aritmetica des Diophant, dem Vater der Algebra. Als Astronomin entwickelte sie das Astrolabium, mit dem sich die Position der Gestirne bestimmen lässt. Auch die Erfindung des Hydrometers wird ihr zugeschrieben. Damit läßt sich das spezifische Gewicht (Dichte) von Flüssigkeiten bestimmen.
Arnulf Zitelmann schreibt ihr in seiner Geschichte sogar die Entwicklung des heliozentrischen Weltbildes zu, ein Geniestreich zu früh für ihre Zeit, die sich fest an das geozentrische Weltbild des Ptolemäus klammerte.

Mehrere religiöse Gruppierungen rivalisierten um das Seelenheil der Menschen. Es gab etliche heidnische Sekten, die vom kaiserlich abgesegneten Christentum immer stärker bekämpft wurden, dazu kamen die Juden und etliche christliche und gnostische Gruppierungen. Hypatias Zeitgenosse Kaiser Theodosius I. ging zunehmend gegen Heiden und christliche Häresien vor, die sich nicht an Kanon und Dogma halten wollten. Theodosius ließ nicht nur heidnische Tempel schließen sondern erließ auch ein Edikt gegen die Tätigkeit von Astrologen, Astronomen, Mathematikern und anderen Zauberern. Welche Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet die rationalen Mathematiker in einem Zug mit Zauberern genannt wurden, aber nur wer rechnen konnte, konnte auch Astrologie betreiben, die noch bis zu Keplers Zeiten eng mit der Astronomie verbunden war.
So zog ausgerechnet die aufgeklärte, intellektuelle Mathematikerin Hypatia den Verdacht auf sich, eine Hexe zu sein.
Zum Verhängnis wurde ihr die Freundschaft mit dem römischen Präfekten Orestes und ihr Einfluss auf seine Regierungsgeschäfte, als der fanatische Kyrill zum Bischof von Alexandria ernannt wurde. Er wollte seine Stadt von Juden und Heiden säubern und stachelte den christlichen Mob zu Tumulten an. Daraufhin kam es zum Streit zwischen dem toleranten Orestes und dem Eiferer Kyrill. Hypatia wurde nun vorgeworfen, sie halte Orestes davon ab, sich wieder mit dem Bischof zu versöhnen. Der Mob brodelte und lechzte nach Blut. Vielleicht auf Kyrills Befehl zumindest aber mit seiner wohlwollenden Duldung, lauerte der Mob Hypatia auf und zerrte sie in die Kirche Caesarion. Nachdem sie ihr die Kleider vom Leib gerissen hatten, zerfetzten sie ihren Körper auf unglaublich grausame Weise mit Austernmuscheln (oder anderen Gegenständen). Die Kirche hält ja immer so viel auf ihre Märtyrer, die ja ach so viel unter den bösen Heiden hatten leiden müssen.

Hypatia ist wie Giordano Bruno eine Märtyrerin der Gedankenfreiheit.
Die Verantwortlichen des bestialischen Mordes wurden nie zur Rechenschaft gezogen – und Kyrill? Kyrill wurde gar heilig gesprochen und zum Kirchenlehrer ernannt. Unfassbar!
Was Jesus wohl dazu gesagt hätte?

Den naiven Glauben an die allmächtige Autorität der Kirche gibt es heute immer noch. Ein Beispiel dafür fand ich in einem katholischen Forum. Hier wurde Kyrill von einem „Störenfried“ heftig kritisiert, allerdings nicht wegen Hypatia sondern weil er mit hohen Bestechungssummen die Gottesmutterschaft Marias durchgesetzt haben soll. Daraufhin schrieb eine fromme Katholikin empört:

„Lieber (?) weyger,

damit triffst du mich (und nicht nur mich!!) mit sieben Schwerter mitten ins Herz.
Unser HEILIGER CYRILL ist und bleibt ein hervorragender Kirchenlehrer und Heiliger!
Alles Gold der Welt ist nur dreckiges Staub, gegenüber den wahren Schatz des Glaubens.
Das, und NUR DAS zeigt der Vatikan überdeutlich!“

MON DIEU

Hypatia, diese außergewöhnliche, mutige Frau war lange Zeit vergessen und wurde erst in der Neuzeit wieder entdeckt. Sie ist das Vorbild aller Athene-Frauen und wie Athene blieb Hypatia eine Jungfrau, eine Frau, die sich nie an einen Mann band, um ihre Unabhängigkeit zu bewahren.

Mögen wir uns ihrer für immer erinnern.

Links zu Hypatia von Alexandria

http://de.wikipedia.org/wiki/Hypatia

http://www.skyscript.co.uk/hypatia.html

http://www.frauen-informatik-geschichte.de/index.php?id=24

http://www.myspace.com/urania48

Der Beitrag wurde am Montag 10. November 2008 um 17:58 veröffentlicht und wurde unter Persephones Perspektive abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare sind derzeit geschlossen, aber Du kannst einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

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