Zweimal, glaube ich, habe ich Beth Ditto im TV gesehen, und nun sei es an der Zeit, im Internet über sie zu recherchieren.
Beth Ditto ist Sängerin der amerikanischen Post-Punk-Gruppe Gossip, was so viel heißt wie Klatsch und Tratsch.
Was die stimmgewaltige Sängerin vor allen anderen auszeichnet: sie ist fett, 95kg bei 1,55m, und sie steht dazu.
Selbstbewusst kokettiert sie mit ihren üppigen Speckrollen, trägt hautenge Outfits und springt halbnackt über die Bühne.
Die Lifestyle-Welt, die sonst unablässig die Litanei des Schlankheitsdogmas herunter betet, ist von Beth beeindruckt. Ihr Verhalten ist so ungehörig, dass es den Magerleibchen Respekt einflößt. Wer es wagt, sich gegen die Diktatur der Klapperknochen zu erheben, muss etwas ganz besonderes sein. Und so wird Beth Ditto hoffiert von Karl Lagerfeld, der ihr ein Kleid auf den dicken Leib schneidert – na also geht doch, und Kate Moss, dem einstigen Top-Modell im Skelett-Format und vielen mehr.
Beth ist schrill, rebellisch, exzentrisch – also ganz nach meinem Geschmack. Sie stammt aus Arkansas, das im amerikanischen Bibel-Gürtel liegt. Vor den Hexenfeuern, die ihr als Lesbe dort drohten ist sie mit ihren Band-Freunden nach Olympia, Washington geflohen und gründete dort ihre Band Gossip. Die Musik ist nicht schlecht, entspricht aber nicht meinem Musikgeschmack.
Beth ist berühmt geworden, gerade weil sie so erfrischend anders ist als die profillosen, gecasteten Schmusestars. Sie ist authentisch und verkauft weder Körper noch Seele an den normierten Mainstream. Wäre sie schlank hätte sie wahrscheinlich nicht so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Meine Sympathien sind ganz auf Beths Seite. Ich mag dicke, mutige, subversive, exzentrische Frauen, weil ich wohl selber eine bin.
Dürfen wir nun auf eine Lockerung des kantigen Schönheitsideals hoffen? Nein, das glaube ich nicht. Gerade der Erfolg von Beth Ditto zeigt, wie es nach wie vor in den Köpfen der Life-Stylisten aussieht. Beth zieht die Aufmerksamkeit an, weil sie den Rahmen sprengt. Sie ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt. Die Welt der Hungerhaken labt sich an ihrem Speck in tiefer Sehnsucht nach Fülle und Schlaraffenland. Sich mal richtig gehen lassen, schlemmen, auf dem Sofa fläzen und dem nörgelnden Personal Trainer das Maul stopfe, ja davon träumen sie wohl alle insgeheim. Aber letztendlich wird kaum einer von ihnen seine Überzeugung ändern und die Rippen unter köstlichem Speck verschwinden lassen, denn das hieße ja, das alle knurrenden Mägen und verhaßte Workouts um sonst gewesen wären. So wird Beth Ditto zum Kristilationspunkt der unerfüllbaren Träume und das ist wahrscheinlich das Geheimnis ihres Erfolges.
Und dennoch, die Gossip-Sängerin ist ein Idol, eine starke Stimme gegen das ewige Geschwafel von schlank, schön, gesund. Ich hoffe, viele Frauen und Männer nehmen sie zum Vorbild, verbennen ihre Diätbücher und schicken die Spaßbremse von Ernäherungsberaterin in die nächste Katakombe und lassen Fett fett sein. :futtern
FAT WOMEN RULE
Persephone, not Beth
Der Beitrag wurde am Sonntag 14. Juni 2009 um 18:43 veröffentlicht und wurde unter Persephones Perspektive abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare sind derzeit geschlossen, aber Du kannst einen Trackback auf deiner Seite einrichten.