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Die wütende Mutige

19. November 2005

Diverse Erlebnisse der letzten Zeit und Vergleiche mit anderen Personen haben mich dazu gebracht, meinen Blick einmal weg von den Defiziten hin zu meinen Resourcen zu lenken. Mit Resourcen bezeichnen Psychotherapeuten Stärken, Talente und Selbstheilungskräfte, die in jedem Menschen zu finden sind, eben auch in jenen, die wegen ihrer Seelennot einen Psychotherapeuten aufsuchen.

Da ist zum Beispiel Peter, über den ich bereits in “Der Lilith-Effekt” berichtete. Er hat sich während der Halloween-Zeit (welch passender Zeitpunkt) das Leben genommen. Die genaueren Hintergründe dieser Verzweiflungstat sind mir nicht bekannt und ich weiß nicht, ob sich diese jemals aus seinem Nachlass rekonstruieren lassen.
Peter war wie ich ein Suchender, immer auf der Suche nach dem Sinn der Existenz und dem wahren zu Hause. Intuitiv denke ich, dass er von dem Gefühl der Machtlosigkeit überwältigt wurde, von dem Gefühl, durch sein Dasein nichts mehr außer Fehlern bewirken zu können und er es deshalb vorzog, zu sterben.
Niemand konnte etwas von der tiefen Verzweiflung ahnen, die in seiner Seele herumtobte, denn Peter war nicht in der Lage sich darüber anderen Menschen mitzuteilen.

Hier stoße ich auf meine erste Resource: Ich besitze die Kommunikationsstärke, mich in meinen Seelenschmerzen und Abgründen mitzuteilen. Neben persönlicher Konversation mit einigen wenigen Vertrauten dient auch dieser Weblog dem Zweck, mir den Wahnsinn von der Seele zu schreiben. Mein internes Verzweiflungs-Aquadukt wird dadruch entlastet und es kommt nicht zu einem Supergau wie bei Peter.

Peter lebte in einem äußerlich sicheren Rahmen. Er hatte eine Familie, ein schmuckes Häuschen, als beamteter Lehrer einen sicheren Arbeitsplatz und ebenso gesicherte Pension. Dieser Sicherheitsrahmen fehlt mir. Ich wohne allein in einer Mietswohnung, bin seit 4 Monaten arbeitslos, Hartz IV rückt immer näher, an meine Hungerrente will ich gar nicht denken. Dennoch bin ich im Gegensatz zu Peter immer noch am Leben, denn trotz aller Seelennot gibt es in mir die (astrologisch ausgedrückt) plutonische Stärke.
Auch habe ich nicht das Gefühl, dass ich gar nichts mehr in der Welt bewirken kann. Ich weiß um meine plutonische Katalysatorwirkung, auch wenn ich die meistens nicht leiden kann.

Als weiteres Beispiel dient mein Besuch des Seminares “Geborgenheit und Sicherheit in sich selbst finden” beim Bildungsverein.
Dabei musste ich feststellen, dass ich schon alles tue, was möglich ist, um eine selbstinduzierte Geborgenheit zu schaffen. Ich bin weder ein Workalcoholic noch leide ich an einem Helfersyndrom. Ganz bestimmt habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich mich Samstagabend in die kerzenbeschiene Badewanne lege obwohl sich in der Küche das dreckige Geschirr stapelt. Auch neige ich nicht dazu, mir die Verantwortung für die Befindlichkeiten anderer Menschen auf zu halsen.
Am ersten Seminarabend kam es zu einem kleinen Zwischenfall. Wir sollten uns in Dreiergruppen zusammenfinden und besprechen, was Geborgenheit für uns bedeutet und wie wir selbige aktuell und früher erleben. Ich besitze ja schon ein Ur-Misstrauen, aber mit der Paranoia der beiden Damen, die in meiner Gruppe waren, konnte ich es nicht aufnehmen. Diese entzückenden Geschöpfe waren latent aggressiv und weigerten sich, über den Begriff *Geborgenheit* zu assoziieren, sie könnten ja etwas aus ihrem Allerheiligsten verraten. Die Seminarleiterin kam hinzu und ich sagte den Damen auf den Kopf zu, wie lächerlich ich ihr Verhalten fände, denn niemand verlangte von ihnen, Details aus ihrem Intimleben zu offenbaren. Es gehe mir auf die Nerven, dass wir Metakommunikation betreiben mussten anstatt wie alle anderen die Aufgabe zu besprechen. Die beiden stellten eine unüberwindliche Abwehrfront dar, so dass ich verlangte, mich einer anderen Gruppe anzuschließen.
Mein Konfrontationskurs galt der Seminarleiterin und später beim Erzählen auch meinem Psychologen als sehr mutig.

“Du bist mutig”.
Das habe ich schon öfters gehört. Dabei kommt mir das gar nicht so vor, denn ich finde die Oberwelt zum Fürchten. Allerdings habe ich kein Problem damit, mich abzugrenzen, orientiere mich nicht an sozialer Erwünschtheit und beuge mich keinem Konformitätsdruck.
Während der schamanischen Reisen in meiner Meditationsgruppe führe ich stets ein Schwert bei mir, welches sich partout nicht abschütteln läßt. Claudia, meine Meditationslehrerin sieht mich als Spirituelle Kriegerin. Das seien authentische Menschen, die ihrer inneren Wahrheit verpflichtet sind und sich nicht von der Gesellschaft korrumpieren lassen.
Ist es nicht faszinierend wie sehr die Worte MUT und WUT miteinander verwoben sind? Lediglich der erste Buchstabe muss auf den Kopf gestellt werden, um Mut und Wut ineinander zu verwandeln.
An Wut mangelt es mir als Bordie und (spiritueller) Tochter des wütenden Gottes Wuotan nicht. So mag zumindest ein Teil meines Mutes aus der Wut über die Unzulänglichkeit dieser Welt mit ihren unsicheren Bindungen, Unzuverlässigkeiten und der Erfahrung der ewigen Verlassenheit geboren worden sein.

Während der letzten Therapiestunde listete mein Psychologe weitere Resourcen auf: Intelligenz, visuelles Vorstellungsvermögen, Phantasie, Imaginationskraft, Selbstbeobachtung, Humor und Selbstironie und die Stärke, mich dem unangenehmen Erleben im Erdenknast eine lebenslange Strafe absitzen zu müssen, zu stellen.
Meistens gilt die Unfähigkeit der Bordies zur Verdrängung eher als Defizit. Sie greifen zu in der Literatur als “primitiv” bezeichneten Abwehrmechanismen wie die Spaltung in absolut gut und absolut böse. Warum das primitiver sein soll als die Verdrängungsmaschinerie eines Neurotikers, der gar nicht weiß, um was es in seiner Seele eigentlich geht, ist mir nicht einleuchtend. Vielleicht bezeichnet das Wort “primitiv” auch nur den Umstand, dass sich das Borderline-Funktionsniveau in früheren Lebensjahren ausbildet als das neurotische Funktionsniveau.
Einem mit seinem Über-Ich ringenden Neurotiker mag das schwache Über-Ich eines wütenden Bordies furchterregend erscheinen.
Manchmal denke ich, ich verdanke es nur meinem phlegmatisch-melancholischem Temperament, den friedlichen Zeiten und meiner Panik vor dem Gefängnis, dass mein latenter Sadismus nicht ausbrechen kann. Zumindest bin ich mir über mein zerstörerisches Potential, über meinen Schatten im Klaren und so kann dieser weit weniger Unheil anrichten, als bei all den unbewußten Menschen, die zu Hauf da draußen herumlaufen, weil sie den Blick in den Abgrund nicht wagen.

So bin ich also eine wütende Mutige, eine authentische, phantasiebegabte, selbstironische Non-Konformistin, eine spirituelle Kriegerin, ein plutonischer Katalysator und eine tragische Heroine – unglücklich verstrickt im Weltenweben der Nornen, mit der Unerbitterichkeit des Schicksals hadernd und im Fegefeuer der Sehnsucht verbrennend.

Der Beitrag wurde am Samstag 19. November 2005 um 20:02 veröffentlicht und wurde unter Seelenleben abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare sind derzeit geschlossen, aber Du kannst einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

4 Kommentare

  • ToulexisToulexis sagt:

    :smile:
    Wow, das finde ich gut! Endlich sprichst Du einmal mit einem deutlich spürbaren Selbstbewußtsein Deine vielen positiven Eigenschaften und Stärken an. Natürlich könnte einiges noch positiver formuliert werden, z.B. durch die Streichung des “nur” in dem Satz … ich verdanke es nur meinem phlegmatisch-melancholischem Temperament, den friedlichen Zeiten und meiner Panik vor …

    Und übrigens: verstrickt im Weltenweben der Nornen sind wir alle.

  • RavenRaven sagt:

    Leider hat man es heutzutage schwer, wenn die Stärken nicht in bare Münze umzusetzen sind oder man sich selbst nicht “gut verkaufen kann”. (Wie ätzend allein diese Formulierung ist!) Manche positiven Eigenschaften werden überhaupt nicht gewürdigt in dieser Gesellschaft, während andere völlig überbewertet werden.

    - Was mich daran erinnert, dass ich noch einen Blog-Eintrag zum Artikel in der “Psychologie heute” schreiben wollte zum Thema Selbstdarstellung, wo es genau darum ging, und der leider all das bestätigt. :neutral:

    Achja: Dein Mut ist etwas, was ich sehr an Dir schätze und von dem ich mir auch ein Stückchen mehr im Alltagsleben wünsche. :grin:

  • PersephonePersephone sagt:

    @ Raven:
    Auf Deinen Blogeintrag zum Thema “Selbstdarstellung” bin ich schon sehr gespannt.

    Ich fühle mich geerht, dass Du mich als so mutig empfindest. Selbst Wolf meinte neulich, er wünsche sich etwas von meinem Mut, dabei hielt ich ihn bisher immer für mutiger als mich.
    Von meinem Mut kannst Du gerne etwas abhaben, den habe ich offenbar mit auf die Welt gebracht. Nur r hilft der bei unserem Elementarproblem: Sehnsuchtskrankeit ja auch nicht weiter :cry:

  • Persephones Welt » Schamanin zwischen Eiszeit und NeuzeitPersephones Welt » Schamanin zwischen Eiszeit und Neuzeit sagt:

    [...] Das Nicht-Verstehen beruht auf Gegenseitigkeit. Die meisten Menschen verstehen mich nicht. Auf manche wirke ich geradezu unheimlich, andere begegnen mir ablehnend oder aggressiv. Jüngstes Beispiel ist die Mutter meiner Seelenschwester Raven, die mich nach Lektüre meines Blogs zur persona-non-grata erklärte. Ausgerechnet die Auflistung meiner Stärken in “Die wütende Mutige” ist ihr bitter aufgestoßen. Rational erklärbar ist mir das nicht. Ich kann nur die Furcht vor dem Abgrund, den ich offenbar so formvollendet verkörpere, dahinter vermuten. Den Abgrund als Quelle der Kraft zu erlären ist wohl zu viel für die meisten Leute. [...]

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