Warning: Creating default object from empty value in /www/htdocs/w0064309/tharanis/wp-content/plugins/role-scoper/taxonomies_rs.php on line 100

Warning: Creating default object from empty value in /www/htdocs/w0064309/tharanis/wp-content/plugins/role-scoper/taxonomies_rs.php on line 100
Persephones Welt » Die Mitleids-Show

Blog

Die Mitleids-Show

20. April 2009

oder die

Narzissten? – take them easy lesson

Es fängt immer gut an

Es ist schon wieder passiert. Eine Narzisstin hatte sich meiner bemächtigt. Ich ziehe dieses nette Personengrüppchen an, wie das Licht die Motten. :dino:
Wir haben ja alle unsere narzisstischen Wunden, aber bei manchen Zeitgenossen geifert der Eiter so giftig, dass sie sehr bösartig werden, wenn man versehentlich in der Wunde bohrt – und ich habe das Talent, die Wunde immer zu treffen.

Die Dame, um die es sich handelt, wohnt sehr nah bei mir. Nennen wir sie Ulk, ein Name, der sich durch Weglassen einiger Buchstaben wunderbar aus ihrem tatsächlichen Namen bilden läßt.

Ihre Fassade würde ich als sehr freundlich, hilfsbereit, herzlich beschreiben. Fast könnte man meinen, sie sei eine ausgesprochene Philanthropin. Aber der Abgrund hinter dem schönen Schein ist überheblich, selbstherrlich und hinterhältig.

Es handelt sich um jene Frau, die mich zum Nordic-Walking eingeladen hat.
Und das kam so: Ich hatte ihr bei einem Treffen auf der Straße von meinem Krebs erzählt. Da packte sie wohl das Mitleid und als sie erfuhr, dass ich immer auf der Suche nach neuem Lesestoff bin, begann sie, mir Bücher auszuleihen. Das fand ich sehr nett.
Am frühen Abend des 26.Januars klingelte ich bei ihr, um das Buch zurück zu bringen und wurde hinein gebeten. Während des Gesprächs fragte sie mich, ob ich Lust hätte, mit ihr (Nordic) Walken zu gehen.
Wenn mich jemand darum bittet, sie beim Walken zu begleiten, gehe ich davon aus, dass bei der Person ein Bedürfnis nach Begleitung vorliegt, weil sie niemand anderen hat, der mit ihr gehen würde. Dass ganz andere Beweggründe dahinter steckten, sollte ich erst später erfahren.

Ab dem 28.Januar gingen wir drei bis viermal die Woche ab 11:00 gemeinsam walken. Im Lesen und Schreiben entdeckten wir eine Gemeinsamkeit, so dass unsere Spaziergänge immer von guten Gesprächen begleitet wurden, die ich sehr zu schätzen wusste.
Sie war immer sehr freundlich und rücksichtsvoll, passte sich meinem langsameren Lauftempo an und ich musste den Eindruck gewinnen, dass sie gerne mit mir unterwegs ist und unsere Gespräche genauso schätzte, wie ich es tat.
Wir tauschten weiterhin Bücher aus, ich besuchte eine Lesung ihrer Schreibgruppe, einmal gingen wir gemeinsam ins Kino in die Literaturverfilmung „Der Vorleser“ und schließlich hatte sie die Idee, selbst eine Schreibgruppe ins Leben zu rufen. Als Dachorganisation bot sich der Frauentreff an, der nach neuen Gruppen suchte.
Sie stellte den Kontakt zum Frauentreff her, die Idee gefiel und so wurden wir am 01.April zu einer Vorstandssitzung geladen, um unser Projekt vorzustellen. Die Frauen waren sehr angetan und es wurde der 20.April als Datum für einen Infoabend festgelegt, bei der wir unser Konzept einer Schreibgruppe der Öffentlichkeit vorstellen sollten. Um die Publicity kümmerte sich der Frauentreff. Wir sollten lediglich ein Plakat entwerfen.
Ich hatte den Eindruck, dass Ulk und ich uns gut ergänzten. Sie ist sehr kreativ und hat langjährige Erfahrung, was Schreibgruppen betrifft. Andererseits neigte sie als pensionierte Grundschullehrerin dazu, die Sache zu sehr zu verschulen, sprich, die Leute zu sehr wie Schulkinder gängeln zu wollen, wobei ich sie immer bremsen musste.

Nun alles lief hervorragend und ich glaubte an eine gleichberechtigte, von Sympathie und Zuneigung getragenen Beziehung. Aus dem durch Mitleid initiierten Büchertausch war längst Freundschaft geworden, so glaubte ich.

Dialog versus Trialog

Der Bruch begann am Samstagabend, 04.April.
Ulk hatte eine Nachricht auf meiner Mailbox hinterlassen, in der sie ankündigte, sie habe für Montag eine weitere Frau zum Walking eingeladen.
Persephone was not amused.
Ich schätze es sehr, Dinge zu zweit zu unternehmen. Man kann sich ganz aufeinander konzentrieren und tiefere Gespräche kann man immer nur zu zweit führen. Es heißt ja nicht umsonst Dialog. Ich weiß aus Erfahrung, dass ich als hochsensibler Intro bei solchen Dreier-Konstellationen meistens den Kürzeren ziehe und mich als drittes Rad am Wagen überflüssig fühle.
Die Krönung der Mailbox-Nachricht war der Satz: „Sie nimmt ihr Baby mit. Wir werden sicher viel Freude mit dem Baby haben“.
Mon dieu, auch das noch. Ich hörte das mich aggressiv machende Babygeschrei schon in meinen Ohren.
Nun gut, Ulk konnte zwar nichts von meinen Problemen mit Dreierkonstellationen wissen, aber sie hätte mich vorher auf jeden Fall fragen müssen. Denn nur weil ich mit ihr Walken ging, heißt das ja nicht automatisch, dass ich auch mit ihren anderen Bekannten Walken gehen möchte.
Bei solchen Problemen hilft nur eins: Kommunikation.

So rief ich Ulk an und erzählte ihr von meinem Unbehagen und schlechten Erfahrungen. Ulk konnte ihre Sache gut verkaufen. Bei der Babymutter handele es sich um eine junge Witwe, die allein zu hause sitze und die dringend ihrer Gesellschaft bedürfe. Sie sei sicher eine gute Ergänzung für uns, bla bla.
Ulk erreichte es, dass ich erstmal beruhigt war und mir dachte, vielleicht wird es ja doch ganz nett. Jemand neues kennen zu lernen ist ja nicht das Schlechteste.

Der Verhängnisvolle Spaziergang fand am Montag, 06.April, statt.
Die Begeisterung der Jungmutter stand in diametralem Gegensatz zu meinen Zweifeln. Wenigstens war das Baby von der ganz braven Sorte und gab während der ganzen Zeit keinen Mucks von sich.

Anfangs bemühte ich mich noch, mit der neuen Begleiterin ins Gespräch zu kommen, doch schon bald war sie mit Ulk in einen fließendes Gespräch über gemeinsame Themen vertieft (sie kennen sich aus einem kirchlichen Gesprächskreis), während ich überflüssigerweise nebenher tapste. Meine Befürchtungen waren wahr geworden. Ich fühlte mich in dieser Situation sehr unwohl. Es kamen die üblichen Gefühle auf: Alien, lonely among others.
Zudem hatte ich mich mit dem Weg verzettelt. Der Weg ging nicht geradeaus, wie ich angenommen hatte, sondern machte nochmal eine Schleife, auf die ich keine Lust mehr hatte. So entschied ich mich, eine Abkürzung über den Rand eines Ackers zu nehmen, wohl wissend, dass die Jungmutter diesen Weg mit dem Kinderwagen nicht würde einschlagen können. So konnten Ulk und Jungmutter ihr Gespräch ungestört fortführen und ich brauchte mich nicht länger überflüssig wie ein Kropf zu fühlen.
Ulk gab mir ihren Hund Paul als Begleitung mit, der uns häufig beim Walken begleitet hatte. Ein sehr freundlicher Hund, der mich immer schwanzwedelnd begrüßte.
Später holte sie Paul bei mir ab und rief mich an, als sie wieder zu Hause war.

Ich erzählte ihr, dass ich mich nicht wohlgefühlt hatte und mir Dreierspaziergänge eben nicht gefallen, weil ich dabei immer einer den Kürzeren zieht.
Sie meinte, Jungmutter habe ihr eben viel zu erzählen gehabt und machte den Vorschlag, ich solle beim nächsten mal in der Mitte laufen.
„Wie jetzt? Heißt dass, wir gehen jetzt immer zu dritt?“
„Ja“.
„Das will ich aber nicht“.
„Du kannst ja so lange mitgehen wie du es aushälst und kannst dann umkehren und nach Hause gehen“.
Was war denn das für ein bescheuerter Vorschlag! Ich tat meinen Unwillen kund, was Ulk nervte und fortan behauptete sie mehrmals, ich hätte diesen Vorschlag falsch verstanden. Ich glaube nicht, dass ich ihn falsch verstanden habe, ich habe nur eine andere Einstellung dazu als sie.

Ulk war sauer auf mich, weil ich mich die Dreiergruppe nervte und ich war sauer auf Ulk, weil ich nicht verstand, wieso sie unsere schönen Zweiergespräche so einfach aufgab und einfach so bestimmte, dass wir von nun zu dritt spazieren gingen.
Ulk hatte gut reden, sie hatte sich ja auch diesmal gut unterhalten. Dass ich außen vorgelassen wurde, schien sie nicht zu bemerken oder es war ihr egal.
Ich fühlte mich schlecht und traurig, weil mir etwas, dass ich wert geschätzt hatte, genommen worden war. Und noch schlechter fühlte ich mich, weil Ulk die Wertschätzung unserer Gespräche offenbar doch nicht teilte. Ich war austauschbar. Ob sie sich nun mit mir oder Jungmutter unterhielt, es war ihr gleich.
Wer möchte schon austauschbar sein.

Mein Fehler

Dann beging ich einen Fehler. Ich hatte einen Anfall von Schwäche, in dem mir der Gedanke kam, dass mit mir etwas nicht stimmt, weil ich den Dreierspaziergang nicht mochte. Ich glaubte, mich den Gepflogenheiten der normalen Menschen anpassen zu müssen, die es toll finden, in Gruppen zu agieren und ständig neuen Leuten zu begegnen, die sich in der Dreiergruppe nicht als Alien fühlen und so weiter.
Ich hatte ohnehin noch eine e-mail von Ulk wegen der Schreibgruppe zu beantworten und dort schrieb ich folgenden Satz hinein:

„Bezüglich Heike habe ich mich gerade wieder beruhigt. Vielleicht gehe ich doch nochmal zu dritt mit, aber es ist eben so, dass ein Trialog ungleich schwieriger ist als ein Dialog“.

Wenn ich ihn jetzt so lese, eigentlich ein guter Satz. Es ist ja gar nicht so, dass ich strikt dagegen war, eine Bekannte von Ulk vorgestellt zu bekommen, nur durfte ich dabei nicht den Eindruck haben, an den Rand gedrängt zu werden.

Auf dieses Zugeständnis erhielt ich noch am selben Abend eine begeisterte Antwort. Zu dumm, dass ich mich meiner selbst wieder besonnen hatte, und die Erinnerung an den mißratenen Dreierspaziergang wieder Abneigung gegen das Unterfangen in mir hervorrief. Jetzt hatte ich Ulk jedoch in eine positive Stimmung versetzt, die ich ihr wieder nehmen musste. Das war der Fehler und offenbar der Auslöser ihres folgenden Verhaltens.

Frohen Mutes rief sie Dienstagabend, 07.April, bei mir an, um sich mit mir zum Walken am Mittwoch zu verabreden. „Sind wir dann zu zweit“, fragte ich vorsichtig. „Ja, Jungmutter sei krank und komme erst Donnerstag wieder mit.“
Ich sagte ihr, ich hätte nach wie vor Probleme mit dem Dreiergefüge und sagte, sie könne Jungmutter doch so viel treffen wie sie wolle, wieso ausgerechnet dann, wenn wir walken gingen.
Da kam, sie so oft an solchen Stellen, das Zeitmangel-Argument. Ich finde dieses Argument verlogen, denn Zeit hat eine Pensionärin genug, es kommt nur darauf an, wem meine Zeit zu widmen ich geneigt bin. „Ich habe keine Zeit“, heißt in Wirklichkeit: „Ich habe keine Zeit für dich“.
Wenn es nur das Zeitproblem gewesen wäre, so hätten wir einen Kompromiss gefunden. Wir vereinbarten, dass sie nur noch zweimal mit mir Walken gehe, um so Zeit für Jungmutter zu gewinnen. Mit diesem Kompromiss hätten wir alle gut leben können, vorausgesetzt, Ulk hätte ein Interesse daran, die Gespräche mit mir nicht zu verlieren. Bis dato hatte ich noch die Illusion, sie fände an unseren Dialogen genauso viel gefallen wie ich.

Die Mitleidsnummer

Doch nach dem Zeitargument drehte Ulk erst richtig auf.
Mit Zweierbeziehungen habe sie nur schlechte Erfahrungen gemacht. Außerdem könnten uns irgendwann die Gesprächsthemen ausgehen und dann bräuchten wir Jungmutter als Bereicherung.
Ihre schlechten Erfahrungen kann ich ihr natürlich nicht absprechen, aber mit mir war über zwei Monate alles gut gelaufen, was sollte also dieses Argument?
Und wieso sorgte sie schon für den Fall vor, dass sie meiner überdrüssig würde. Wieso sollten uns überhaupt die Themen ausgehen? Alles war im Fluss, die Gesprächsquelle sprudelte üppig.
Und dann kam etwas, das mir die Augen zu öffnen begann.
Ihr Mann habe ja auf den gemeinsamen Morgenspaziergang verzichten müssen, damit sie mit mir Walken gehen kann.

Wie bitte? Wieso hat sie mich dann überhaupt gefragt, ob ich mir ihr Walken gehen will? Wieso wird mir jetzt vorgehalten, dass ihr Mann zu meinen Gunsten verzichten musste? Was sollte das alles?
Es dämmerte mir, hinter allem steckte Mitleid. Sie hatte sich aus Mitleid mit mir abgegeben. Die arme, einsame, krebskranke Frau, die hat es so nötig, dass die tolle Ulk sich ihrer annimmt.
Mitleid ist eine scheußliche Sache, die keiner haben will, denn bei Mitleid besteht immer ein Gefälle zwischen dem Geber und dem Bemitleideten. Der Geber schaut auf die arme Kreatur hinab und befriedigt sein soziales Gewissen. Mitleid schließt im Gegensatz zu Mitgefühl eine gleichberechtigte Beziehung und Wertschätzung für den Bemitleideten aus.
Das war also des Rätsels Lösung, warum ich während des Konflikts nie ein Wort der Wertschätzung zu hören bekam, nie ein Wort des Bedauerns, mich vielleicht als Gesprächspartnerin zu verlieren.
Sie benutzte mich nur, um sich selbst zu erhöhen, um zu beweisen, wie gut sie situiert ist und sich Mitleid leisten kann.
Es dauert immer eine Weile, bis sich diese traurige Erkenntnis in meinem Bewusstsein festsetzt und so verabredete ich mich trotz allem für Mittwoch, 08.April mit ihr zum Walken.

Ich zweifelte zwar, ob unsere Unterhaltung je wieder die frühere Qualität erreichen könnte, schließlich hatte sich Ulk sehr herablassend mir gegenüber verhalten, aber ich bin nicht nachtragend und hatte noch die Hoffnung, dass sich die Lage wieder beruhigt. Wenn ich zweimal pro Woche zu zweit mit Ulk durch die Felder streifte, hätte ich kein Problem damit, einmal pro Woche zu dritt spazieren zu gehen, um Jungmutter besser kennen zu lernen.
Ich war guter Hoffnung, der Kompromiss sei für alle ein Gewinn. Ich wollte versuchen, ihr zu erklären, warum ich Dreierbeziehungen nicht mochte, das musste sie doch verstehen können oder zumindest akzeptieren, dass ich in dieser Hinsicht ein anderes Bedürfnis als sie hatte!

Aber Ulk ließ mich am Mittwochmorgen dumm stehen. Sie kam einfach nicht zu verabredeten Zeit um 11:00. Ich wartete bis 11:15 und rief dann bei ihr an, aber ich hörte nur das Geratter des Anrufbeantworters und hatte keine Lust auf Band zu sprechen.
Was für eine Verarschung.
Ich war stinksauer. Seltsamerweise hatte Ulk eine Tasche mit Büchern hinter dem Gartentor abgestellt. Sie musste also hier gewesen sein und hatte es nicht für nötig gefunden, wenigstens eine Notiz zu hinterlassen.

Ich hegte soviel Groll gegen Ulk, dass ich erst am Freitag, 10.April, nachschaute, ob sie mir vielleicht ein e-mail geschrieben hatte. Tatsächlich.
Sollte ich immer noch nicht kapiert haben, dass ich als Mitleidsnummer für Ulk völlig austauschbar war, so enthüllte mir folgender Satz die traurige Wahrheit.

[...]Das bedeutet allerdings, dass wir “unsere Walkingstunden” – wie Du sagtst – reduzieren und dass ich davon sogar Abstriche machen werde, wenn sich die Gelegenheit zu einem weiteren freundschaftlichen Kontakt ergibt.[...]

Ähem, demnach war ich kein freundschaftlicher Kontakt sondern nur der Lückenbüßer, bis sich etwas besseres ergab. Das muss man ja verstehen. Die Mitleidsnummer kommt so lange gut, wie der Bemitleidete keine Schwierigkeiten macht und sich brav an Ulks Regeln hält. Ich jedoch hatte Stress verursacht und war lästig geworden.
Nichtmal eine Entschuldigung für ihr Fernbleiben am Mittwochmorgen enthielt die e-mail. Nur eine indirekte Erklärung von schlechtem Schlaf und Unlust auf ein Beziehungsgespräch. Na ja, darauf war mir die Lust auch vergangen.

Dafür schrieb sie das:

„Ich habe die Erfahrung gemacht un d diese Erfahrung deckt sich auch mit der eindschlägigen Literatur, dass Zweier-Beziehungen leicht etwas Symbiotisches bekommen können, was ja auch in Deinem Brief zum Ausdruck kommt. Ich darf mich gern mit Heike treffen, aber warum muss es während der W.Stdn sein.“

Mon dieu, symbiotisch.
Symbiose biologisch: Beziehung zwischen zwei Lebewesen zu beidseitigem Nutzen. Was soll daran denn schlimm sein.
Ulk würde wahrscheinlich psychologisch sagen: Zu beidseitiger Abhängigkeit.
A matter of perspective.
Ich ging mit der Frau ein paar mal die Woche walken. Neben mir hat sie noch jede Menge anderer Kontakte. Ich habe sie nie belagert oder sie genötigt, sich ständig mit mir zu treffen. Es war ihr Vorschlag gewesen, mit wir Walken zu gehen – und jetzt wird daraus plötzlich eine symbiontische Bedrohung konstruiert.
Genauso gut könnte ich dagegen halten, wie problematisch Dreierbeziehungen sein können, weil sich zwei gegen den anderen verbünden oder einer immer das dritte Rad am Wagen ist.
Wenn ich mich mit einer Person verabrede, kann ich doch wohl davon ausgehen, dass diese Person nicht ihren Bekanntenkreis mitbringt.
Aber Madame Vielbeschäftigt war sich plötzlich zu schade, dafür, ihre Zeit allein mit mir zu vergeuden. Anders gesagt, war ich wohl zu nervig geworden, als dass sie aus mir noch ihren Mitleidshow-Gewinn hätte ziehen können.

Bis nach Ostern sollte Funkstille herrschen. Das war ganz in meinem Sinne. Ich überlegte, was ich für eine Antwort schreiben könnte, hatte dann aber nie Lust dazu, eine Entgegnung zu formulieren.

Besprechung der Schreibgruppe

Spätestens Ostermontag musste ich mich jedoch melden, denn wir mussten uns für die Vorbereitung des Info-Abends für die geplante Schreibgruppe wohl oder übel zusammensetzen.
Noch bevor ich eine mail schrieb, erhielt ich eine vielversprechend klingende e-mail von Ulk.

„Jetzt habe ich mich wieder etwas runtergeregelt und hoffe, Dir geht es genau so.
Wir kennen uns ja noch nicht so lange. In meinem Tagebuch habe ich den 28.1. als ersten Walk gefunden, also ist es erst ein Vierteljahr. Ganz klar, dass es dann über kurz oder lang zu Diskussionen über bestimmte Punkte kommen muss. Man kennt sich ja nicht und jeder muss in dem Kontakt erst einmal seinen Standpunkt finden. Wenigstens geht es mir so.“

Recht hatte sie. Konflikte gehören zu Beziehungen dazu, manchmal wächst eine Beziehung sogar daran. Nach ihrem selbstherrlichen und respektlosen Verhalten war die Walkingzeit zwar unwiderruflich vorbei, aber nach dieser mail war ich guten Mutes, dass wir wenigstens für die Schreibgruppe einen freundschaftlichen Kontakt würden pflegen können.
Ich bin nicht nachtragend. Ich bin gerne bereit, mich wieder zu versöhnen und gegenseitige Verletzungen, Meinungsverschiedenheiten oder Beleidigunge im Schlund des Vergessens zu belassen.

Wie sehr ich mich täuschen sollte.
Als Treffpunkt hatten wir ein geräumiges Cafe ausgemacht, Zeit: Mittwoch, 15.April, 12:00.
Früher wären wir gemeinsam hingelaufen, aber so spazierte ich hin und Ulk kam mit dem Fahrrad.
Wir setzten uns an einen großen Tisch, beide nebeneinander auf einem langen Sofa.
Mir fiel gleich ihre Körpersprache auf. Sie setzte sich nicht mir zugewandt oder zumindest gerade hin, wie man das bei einem Gespräch tut, sondern wandte sich von mir ab und sprach die meiste Zeit gegen die Wand an ihrer linken Seite.
Sie hatte sich also nicht wirklich abgeregt und pflegte mir gegenüber nach wie vor Ressentiments.
Gleich zum Gesprächsauftakt startete sie eine aggressive und völlig überflüssige Attacke gegen mich. Sie habe ein Problem damit, dass ich in der Gruppe unter meinem Künstlernamen auftreten wollte und verlangte, ich solle auch meinen Ämternamen nennen.
„Nö mach ich nicht, kann dir auch völlig egal sein“, gab ich zur Antwort.

Ist doch klar, dass ich auf so einen Angriff trotzig reagiere. Was wollte sie also damit bezwecken? Ich glaube, sie brauchte es einfach, mich anzugiften.

Es war ein Wunder, dass wir den Rest der Planung einigermaßen friedlich hin bekamen. Sie hätte zu mir nur noch eine pragmatische Beziehung, sagte Ulk mehrmals. Offenbar war ihr auch jedes Wort, was über die Schreibgruppe hinaus ging, zu viel.
Mir gefiel das nicht. Ich möchte nicht von meiner Partnerin bei der Schreibgruppe angefahren werden oder ein verkrampftes Verhältnis zu ihr haben. Es konnte doch nicht so schwer sein, wenigstens hier Frieden zu schließen.
In einem freundlichen und versöhnlichen Ton fragte ich Ulk, ob sie noch sauer sei? Es musste doch möglich sein, endlich eine Aussprache mit anschließender Versöhnung hin zu bekommen.

Aber jetzt drehte Ulk erst richtig auf. Sauer nicht, aber erschrocken sei sie über mich gewesen. Erschrocken über mein unhöfliches Verhalten beim Dreierspaziergang. Wie hatte ich mich nur einfach über den Acker davon machen können!

Ach Gottchen, sie hatte es immer noch nicht verwunden, dass ich mich gegen ihren Beziehungsstil gesträubt hatte. Das musste doch mal langsam gut sein.

Im folgenden bekam ich zu hören: „Du hast versagt!“

Ich traute meinen Ohren nicht. Ja genau, weil ich Unternehmungen zu zweit den Dreieraktivitäten vorziehe, bin ich die Versagerin.

„Du hast dich selbst aus dem Spiel gebracht“.

Ja klar, es hatte nicht so geklappt, wie Ulk, sich das vorgestellt hatte und jetzt war ich die böse.

„Ich habe wegen die ja nicht so schnell und so weit laufen können, wie ich es gewohnt bin. Mein Mann kam ja gar nicht mehr zu seinem Recht. Ich laufe 13km in drei Stunden, da musst du noch viel trainieren, bis du da hinkommst“.

Es ist absurd. Jetzt werde ich auch noch angezählt und mir vorgeworfen, was sie alles für mich in Kauf nehmen musste, weil sie unbedingt mit mir das Walken anfangen wollte.
Woher nimmt diese Frau diese Selbstherrlichkeit und Herablassung, diese Unversöhnlichkeit? Diese Unfähigkeit, den Gegenüber verstehen zu wollen? Statt friedlicher zu werden, wurde sie bei jedem Kontakt angriffslustiger.

Als ich ihr sagte, nachdem was ich eben gehört habe, könne ich nicht uneingeschränkt sagen, ich wolle mit ihr die Schreibgruppe machen, bot sie mir an, sofort aus der Gruppe auszusteigen.

Die Schreibgruppe habe sie überhaupt nur für mich ins Leben gerufen, nach spätestens einem Jahr wolle sie aussteigen.
Wie bitte? Wieso nur für mich. Wenn mir einer so einen Vorschlag macht, kann ich doch wohl davon ausgehen, dass er ein eigenes Interesse an dem Projekt hat.

Ich fragte sie: Warum tust du das?

„Weil ich es kann. Damit du aus deiner Isolation heraus kommst“.
Die Mitleids-Show.

Bedauerlicherweise bin ich nicht schlagfertig. Mir fielen auf ihre herablassenden Bemerkungen keine Erwiderungen ein. Ich fand ihr Getue nur so überzogen, dass es mich insgeheim amüsierte.
Ich wollte auch nicht voreilig von ihrem Angebot auszusteigen Gebrauch machen. Sie hatte viel Erfahrung und Wissen, was für die Gruppe nützlich sein würde.
Zum Schluss bezahlte sie meinen Cappuccino, weil ich ja ein armer Schlucker bin.

Das vermeintliche Ende

Ich schickte das Erlebte durch die interne Analyse und kapierte endlich, dass ich es mit einer Narzisstin zu tun hatte. Sie musste mich niedermachen und mich als Versagerin hinstellen, um sich selbst als tolle Person darzustellen.
Sie suchte sich, bewusst oder unbewusst, Personen aus, die sie für bemitleidenswert hielt. Personen, die nur wenige Kontakte hatten und sich darüber freuten, wenn sie sich mit ihnen anfreundete.
Jungmutter ist auch so ein Fall und ich hoffe, dass sie niemals hinter die Ulks perfekte Fassade blicken muss.

Keinen Tag länger würde mich Ulk für ihren Narzissmus mißbrauchen, keinen Tag länger würde ich mich ihren unverschämten Bemerkungen und ihrer Respektlosigkeit gegenüber meiner Person aussetzen. Sie hatte mich benutzt, um ihr erbärmliches Selbstbewusstsein an mir aufzupolieren, in dem sie mich wie Dreck behandelte. Sie hatte mich verarscht, betrogen, mir Freundschaft vorgegaukelt wo keine war.

Ich schrieb ihr am Donnerstag, 16.April, eine very last e-mail, mit der ich mich aus ihrem Leben verabschiedete und von ihrem Angebot Gebrauch machte, mir die Schreibgruppe allein zu überlassen.
Nachdem ich die mail abgeschickt hatte, fiel eine große Last von meiner Seele. Ich hatte die Verbindung abgeschnitten, Ulk konnte sich nicht länger an mir nähren. :rip:

Meine Botschaft ist offensichtlich angekommen. Freitagmorgen, 17.April, fand sich ein Umschlag mit von mir beschrifteten Karteikarten im Briefkasten, die wir für die Gruppe verwenden wollten. Es war das letzte, was sie von mir besaß.

Ich glaube nicht an Zufälle. Es hatte schon seinen Sinn, dass Ulk in mein Leben trat.
Die Lektion, die ich hier sehe, ist buddhistisch ausgedrückt, mich von den Anhaftungen an Personen und lieb gewonnen Situationen zu lösen. Am Anfang tat es zwar weh, aber ich bin nicht früher in den tiefen Abgrund der Verzweiflung gefallen.
Des weiteren bestand die Lektion darin, mir selbst treu zu bleiben, auch wenn das den Verlust einer Kontaktperson bedeutet.
Und überhaupt sollte ich die narzisstische Selbstherrlichkeit nicht mehr so schwer nehmen, wie es noch bei
Cassandra der Fall war.
Das alles habe ich ganz gut hin bekommen, wie ich finde.

Der zweite Sinn liegt in der Schreibgruppe, die ohne Ulk nicht verwirklicht worden wäre. Falls nach dem Infoabend eine Gruppe zu stande kommt, werde ich sie alleine leiten müssen, wovor ich mich früher immer gefürchtet habe. Aber jetzt kann ich nicht mehr zurück und so fürchterlich wie ich immer dachte, ist das gar nicht.

Die Geschichte hätte hier zu Ende sein können, doch hatte ich nicht mit der Verschlagenheit einer Narzisstin gerechnet, deren Selbstwertgefühl verletzt worden war. :shotdown:

Weil dieser Eintrag schon so lang ist, werde ich einen extra Artikel darüber schreiben.

Der Beitrag wurde am Montag 20. April 2009 um 11:34 veröffentlicht und wurde unter Seelenleben abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare sind derzeit geschlossen, aber Du kannst einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

8 Kommentare

  • gretelgretel sagt:

    was ne blöde kuh, die tussi. da muss man drüberstehen :shotdown: aber erstmal weiterlesen, das dicke ende kommt ja wohl noch

  • gretelgretel sagt:

    huch. meinen lieblingssmilie hat er leider nicht genommen

  • MarayaMaraya sagt:

    Hallo, perséphoné ,

    ich bin gespannt, wie es weiter geht

    liebe Grüße

    Maraya

  • KadinaKadina sagt:

    Ich glaube nicht dass es Mitleid war, warum sie derartig abwertend Dir gegenüber reagiert hat…….sondern es beruhte wahrscheinlich darauf, dass Du nicht mit ihr einer Meinung warst – in Bezug auf das Walken zu dritt…

    Wenn sie wirklich was mit Narzissmus am Hut hat, dann ist diese Reaktion “normal”..

    Wobei ich Dich absolut verstehen kann, dass Du irritierst warst…schliesslich hat sie das mit der “Drittperson” über Deinen Kopf hinweg entschieden, ohne es mit Dir abzusprechen.

    Ich hätte mich da gleich völlig zurückgezogen…

    Du hast ja noch gekämpft um das “Zweierwalking”.

    Grüsse von Kadina

  • PersephonePersephone sagt:

    @Gretel:
    Da muss man drüber stehen, ja da hast Du recht. Erstmal tut es natürlich weh, und früher hätte es mich aus der Bahn geworfen, aber heute lege ich es unter der Rubrik “interessantes Abenteuer” ab.
    Welches ist Dein Lieblingssmilie? Dann könnte ich nachsehen, warum er nicht geht.

    @Maraya: Ich hoffe, ich schaffe es, die nächsten Tage weiter zu schreiben.

    @Kadina: Sicher ist, dass sie aus Mitleid mit mir Walken gegangen ist. Auf der Suche nach einem echten Walkingpartner war sie offenbar nicht, weil sie sonst immer mit ihrem Mann spazieren gegangen ist.
    HInter der abwertenden Haltung steckt natürlich der Narzissmus.
    Es tut gut zu lesen, dass Du offenbar auch keine Dreier-Spaziergänge magst.

  • gretelgretel sagt:

    toll, wenn du das so auf die reihe bekommst, zwischen theorie und praxis klaffen da ja manchmal welten. bei mir zumindest ;) ich finde es relativ egal ob sie aus mitleid so gehandelt hat oder ganz einfach weil sie ein egoistenschwein *hups* ist, ich find`s in jedem falle unmöglich. aber ob die einen verletzen ist denen dann ja meist auch egal, insofern: schwamm drüber
    den smilie siehst du, wenn du die aus versehen gelinkte schrift anklickst, das ist aber ein externer.

  • gretelgretel sagt:

    wobei! mitleid kann es gar nicht gewesen sein, denn der anlass dazu ist ja leider noch da. ich glaube viel eher, dass sie überdurchschnittliche dankbarkeit oder ähnliches erwartet hat, du solltest ihr etwas bieten, das sich für sie nicht erfüllt hat.

  • Persephones Welt » Hinterrücks und rundherum - ausgeschrieben fidibumPersephones Welt » Hinterrücks und rundherum - ausgeschrieben fidibum sagt:

    [...] Fortsetzung zu Die Mitleidsshow [...]

« nächster Eintrag   vorheriger Eintrag »

Verschiedenes


Warning: gzinflate(): data error in /www/htdocs/w0064309/tharanis/wp-includes/http.php on line 1787

Twitter

  • Twitter ist zur Zeit nicht erreichbar.

Archiv

Kategorien

Suche

RSS-Feeds

Anmeldung

Statistik

Benutzer: 13
Kommentare: 771
Posts öffentlich: 130
Posts privat: 23
Wörter gesamt: 226096
Wörter Ø pro Post: 1468
Besucher heute: 8
Besucher jetzt online: 1
Autoren: 1