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Der verordnete Erholungsurlaub

14. Mai 2007

Zwei Wochen Urlaub gehen zu Ende, Urlaub, der mir geradezu von meinem Arbeitgeber verordnet worden war, um die ausgebrannte Seele zu regernieren, auf dass ich weiterhin eine produktive Arbeitskraft sei.
Das alles kam so, und ich knüpfe hier an den Blogeintrag Ausgebrannt an:

Für einen Callcenter-Job habe ich ein denkbar schlecht geeignetes Psychogramm. Ich rede nicht gerne, schon gar nicht mit fremden Leuten, schon gar nicht mit Kunden, schon gar nicht am Telefon. Noch weniger habe ich Geduld mit langsamen Leuten, die schwer von Begriff sind, dazu bin ich als HSP schnell überreizt und so weiter uns so fort.
Ich kenne mich sehr genau, weiß sehr gut, welche Dosis einer bestimmten Tat meiner Seelenhygenie zuträglich ist. Mir war von Anfang an klar, dass ich eine 30h/Woche bei einem Callcenter-Job nicht lange durchstehen würde, deshalb war ich in der letzten März-Dekade ja auch fast soweit vor versammelter Mannschaft zusammen zu brechen, wäre da nicht die Rettung in Form der E-mail-Bearbeitung gekommen.
Doch wenn an der Front die Linien im Dauerbombardement einbrechen, werden auch die Kräfte eingezogen, die gemütlich im Hinterland den Krieg verwalten. Und so kam es wie es kommen musste.

Am 16.April wurde ich den gegnerischen Dicken Bertas zum Fraß geworfen, den ganzen Tag lang. Mein Panzer war lange zerschossen und hatte sich während des Aufenthaltes im Hinterland auch nicht regerniert. Die spitzen Bomben prasselten auf mich ein, total genervt und überreizt konterte ich mit einer Heulattacke. Diese Attacke blieb diesmal nicht unbemerkt. Eine Supervisorin von der netten Sorte fragte, was denn los sei und ich bekannt mich zu meinem Ausgebrannt-Sein. Sie schickte mich mit einem Schokoriegel in die Pause. Danach kämpfte ich tapfer bis zur Ablöse weiter. In den folgenden Tagen wurde ich geschont, musste nicht mehr an die Front und durfte still im Kämmerchen e-mails vor mich hinschreiben.

Ich hatte mich immer gewundert, wie meine Kollegen diesen Job mit 40h bis 50h Stunden Wochen ertragen können, bis ich herausfand, dass sie es gar nicht ertragen.
Ein Kollege, der den Job schon seit vier Jahren macht und damit einer der dienstältesten sein dürfte, findet die Tätigkeit genauso unerträglich wie ich und hält es nicht mehr aus. Dennoch schleppt er sich Tag für Tag zur Arbeit, weil er eine Familie ernähren muss und weil er keinen anderen Job findet. Anderen geht es ähnlich.
Wenn man sich Stellenanzeigen ansieht, ganz gleich ob in der Zeitung oder im Internet, so gibt es nur zwei Tätigkeitsgruppen, in denen man mit offenen Armen empfangen würde: Callcenter oder Direktmarketing bzw. Außendienst. Für alles andere gilt unsereiner dann wieder nicht als qualifiziert genug, wobei ich nicht verstehe, wieso man alles schon vorher können muss, man kann sich für eine Stelle benötigtes Wissen doch auch als Training-on-the-Job aneignen. Es ist doch nichts leichter, als etwas Neues zu lernen, doch wie wir später noch sehen werden, wird meine Lernfähigkeit als ungewöhnlich hoch eingestuft.
Nun wie dem auch sein, ich will ja gar keinen anspruchsvolleren Job haben, der mich voll fordern und damit von der Schriftstellerei ablenken würde.
In der letzten Woche vor meinem Urlaub hatte sich ein Rhythmus eingependelt, mit dem ich leben könnte: 2h telefonieren und 4h e-mails beantworten.

Am 20. April gab es mal wieder eines dieser Mitarbeiter-Gespräche: Anlass war das bevorstehende Ende eines Projektes, zu welchem ich ca. zwei Monate nach dem Start hinzugezogen worden war, da die bereits geschulte Gruppe zur Bewältigung des Anrufersturms nicht mehr ausreichte.
Einmal mehr bekam ich zu hören, wie toll ich bin und wie sehr sie mich als Mitarbeiterin schätzen, da ich so schnell sei, so lernbegierig und mich so schnell in ein neues Thema einarbeiten könne, darin sei ich den meisten meiner Kollegen überlegen. Schließlich kam auch die Sprache auf meinen Mini-Nervenzusammenbruch. Sie hätten gerne, dass ich Urlaub nehmen, nicht dass ich bald vor lauter Burn out den Job kündige, sie möchten mich doch so gerne behalten. Auch müsse ich nicht immer die Kämpfe mit Eskalierern bis zum Ende austragen und könne diese Typen gerne an den Supervisor durchstellen. In der Tat neige ich dazu, solche kämpfe bis aufs Blut auszutragen, weil ich es eine Unverschämtheit finde, wenn irgendso ein daher gelaufener Dumm-Eumel meint, ich sei inkompetent und er müsse mich nicht Ernst nehmen. Darauf reagiere ich extrem allergisch, wobei ich mir natürlich keinen Gefallen tue, wenn ich meine fragile seelische Gesundheit durch solche arschgesichtigen Wichtigtuer ruiniere.

So reichte also Urlaub ein, vom 30.April bis 13.Mai, für den ich so eine Art Sondergenehmigung bekam.

Urlaub.
An Verreisen war aus diversen Gründen nicht zu denken:

  • Geld
  • kein Reisebegleiter und allein zu verreisen ist viel zu anstrengend, wenn man menschenscheu und eh schon ausgebrannt ist
  • kein Catsitter, auch würde ich Q auf seine alten Tage ungern alleine lassen

Statt einer Reise standen diverse Wellness-Anwendungen auf dem Programm, daneben hatte ich mir vorgenommen einige Dinge zu erledigen, zu denen man während der Arbeitswochen so schlecht kommt: Putzen, Nähen, Schreiben, Ordnen.
Doch für die meisten Dinge fehlte mir schlicht der Antrieb, ich war ja nicht umsonst wegen Burn out in den Urlaub geschickt worden.

Burn out *** Depression

Die Symptome von Depression und Burn out sind so gut wie identisch, wobei ich hier nur von meinen persönlichen Symptomen spreche, das Symptomgefüge mag bei anderen Betroffenen ganz anders sein.
Liste erhebt keinen Anpruch auf Vollständigkeit.

  • Heulkrämpfe
  • Schlafstörungen, entweder kann ich nicht einschlafen, oder ich wache mitten in der Nacht auf und kann nicht wieder einschlafen, oder ich schlafe erst kurz vor dem Weckerklingeln wieder ein
  • Sinnlosigkeit der gesamten Existenz
  • Hoffnungslosigkeit und innere Leere
  • Impulsmangel, bzw. Antriebsmangel. Ich kann nur noch im Bett oder auf dem Sofa liegen, vielleicht noch lesen oder fernsehen, an schlimmen Tagen nicht mal mehr das
  • Suizidgedanken
  • zweitweise Gliederschwere, Seitenstechen, Druck auf Thorax oder Abdomen
  • Anhedonie: ich kann Ereignisse nicht antizipieren, kann keine Vorfreude mehr empfinden oder von einem schönen Erlebnis zehren

In schlimmster Ausprägung gibt es jedoch einen Unterschied zwischen Depression und Burn out. Bei der Depression überkommt mich eine angenehme Tagesschläfrigkeit und ich kann den ganzen Tag vor mich hindösen. Beim Burn out gibt es diese Schläfrigkeit nicht. Von innerer Unruhe erfüllt und mit Grübelzwang geschlagen sitze ich nutzlos herum und warte angespannt darauf, dass mich die Zeit dem Tode näher bringt. Solche Zustände können natürlich auch bei der Depression vorkommen, insgesamt sind die Grenzen da fließend.

Interessanterweise sind die Ursachen für Depression und Burn out in meinem Fall gerade entgegengesetzt.
Ursache von Burn out ist ein Zuviel an überreizender, der seelischen Konstitution widerstrebenden Tätigkeit.
Depression ist dagegen eine Mangelerscheinung, Mangel an Liebe, Trost, Hoffnung, Zuwendung, Anerkennung, Reaktion auf ein traumatisches Verlusterlebnis.
Der Mangel begünstigt natürlich die Entwicklung eines Burn out, weil die Regenerationsmöglichkeiten des Alltags, die, die für die meisten Menschen so selbstverständlich sind, dass sie sich nicht mal bewusst sind, dass es sich um eine Regenerationsmöglichkeit handelt, die nicht allen Menschen zur Verfügung steht, nicht gegeben sind.
Das Schlimme ist, dass sich zwar die Entstehungsbedingungen für einen Burn out durch Wechsel der Tätigkeit eliminieren ließen, dass sich jedoch der Mangel nicht beheben lässt. Nein ganz im Gegenteil wird sich die tiefe Schlucht des Mangels immer tiefer in das Fundament der Seele fressen, bis sie nur noch aus Mangel besteht.
Mittlerweile kann ich verstehen, warum gerade Menschen im fortgeschrittenen Alter zwischen 50 und 90 Suizid begehen. Man sollte meinen, die Weisheit des Alters würde die Emotionsspitzen glätten und nun sei es bis zum natürlichen Tod sowieso nicht mehr allzu weit. Aber nein. Der Mangel wird so unerträglich, die Gewissheit, dass die Lebensbilanz von quälender Negativität ist, macht jeden weiteren Lebenstag unerträglich. Man ist im wahrsten Sinne des Wortes lebensmüde. Selbstmörder, das sind mutige Heroen, die den spöttischen Göttern das sadistische Spiel verdorben haben.

Nun denn, noch trotz die Verzweifelte dem fauligen Substrat des Lebens ein paar welkende Glücksblumen ab, vollbringt Meisterleistungen in der Selbstfürsorge und kotzt Blogeinträge wie diesen in die Welt hinaus, um den Mangel für einen Moment nicht zu fühlen.

Wellness-Anwendungen

1. Elysium-Massage:

Gleich zu Beginn des Urlaubs gönnte ich mir am 30. April eine Elysium-Massage. Diese Wohltat entführt für satte 2,5h in das Reich sinnlicher Berührungskunst.
Ich hatte mir diese Massage schon einmal im Februar 2006 gegönnt und war schon damals sehr begeistert. Ich fühle mich bei der Masseurin sehr gut aufgehoben und liebevoll angenommen. Wegen des stolzen, aber absolut gerechtfertigten Preises von 123€ kann ich mir die Massage leider nicht so oft leisten, wie ich sie benötigen würde.
Einem kurzen Vorgespräch bei einer Tasse Tee in einem gemütlich eingerichteten Raum mit Stofftieren, bei dem abgeklärt wird, welche Körperteile besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, folgt das Entkleiden in einem dafür vorgesehenen Raum und schließlich das schwungvolle Besteigen der Massageliege.
Natürlich musste die Masseurin die Heizung für mich herunter drehen, da ich viel wärmeempfindlicher bin als viele andere Menschen. Sie benutzte zudem extra für mich eine kalte Kakaobutter statt dem vorgewärmten Massageöl.

Mit Sicherheit würde eine solche liebevolle Berührung vielen Depressiven mehr helfen als das Gequatsche in der Psychotherapie, besonders dann, wenn der Berührungsmangel der größte Fresser bei den Mangel-Monstern ist. Einmal die Woche eine Elysium-Massage würde meinem seelischen Wohlbefinden sicher erheblich besser bekommen als ein Jahr Psychotherapie, das mich mit der Erkenntnis entlassen hat, ein hoffnungsloser Fall zu sein.

2. Landausflug, Sommerrodelbahn:

Am 06.Mai besuchte ich Frank auf der Ottensteiner Hochebene nahe Bad Pyrmont. Ich lernte in seinem windschiefen Hexenhäuschen die kleine Phoebe von Tilan-Dru kennen, eine winzige, vier Wochen alte Katzendame, die meine kleine Familie bestehend aus Q, mir und diversen hier nicht näher zu spezifizierenden Wesen, bereichern soll.
Anschließend fuhren wir zur Sommerrodelbahn in Bodenwerder. Natürlich hatte ich mir in meiner Phantasie wieder alles ganz anders vorgestellt. Ich dachte, man würde auf Reifen einen Hang auf einer glitschigen Fläche hinunterschlittern. Stattdessen erwarteten mich so eine Art Bob-Vehikel, die auf Schienen hinunter fuhren, wobei man selbst durch einen Hebel beschleunigen und Bremsen musste.
Als ich sah, dass man sich mit einem Sicherheistgurt anschnallen musste, bekam ich Bedenken, der Gurt könne für mein Körpervolumen nicht ausreichen, doch glücklicherweise gelang es mir mit Franks Hilfe, mich fest zu gurten. Man wurde dann mit Maschinenkraft den Berg hinaufgezogen und durfte dann mit eigener Steuerung nach unten fahren. Durch die Schienen war das ganze eine ruckelige Angelegenheit und hatte nicht das Gleiterlebnis, welches ich mir erwartet hatte.
Wir hatten eine Dreierkarte gekauft und nach drei Abfahrten war es dann auch gut. Anschließend speisten wir in dem angeschlossenen Lokal zu Mittag. Da das Gemüseschnitzel ausverkauft war, musste ich auf den üblichen Salat umsteigen. Seit diesem Tag verzeichne ich einen stark verminderten Appetit und mein Körper hat wahrscheinlich einen Cortisol-Overload auf Grund der ständigen Überreizung, aber das ist eine andere (unangenehme) Geschichte.
Weiter ging der Ausflug an das Weserufer, wo ich mit den Füßen im erfrischenden Nass herumplantschte und wir uns unter einem mächtigen Baum niederließen.
Abends begleitete ich Frank zur Milchkontrolle und war zum erstenmal in einem Kuhstall Zeugin des Melkvorganges.

3. Floating-Tank

Schon lange trage ich mich mit dem Gedanken, mich in einen Floating-Tank zu verkriechen. Früher soll es auch einen Hannover gegeben haben, aber das ist leider nicht mehr der Fall. Schade, das hätte es mir ermöglicht, mich regelmäßig im Salzwasser zu suhlen. So musste ich nach Bad Oeynhausen ausweichen.

Ein Floating-Tank sieht aus wie eine Raumkapsel und ist gerade groß genug, damit ein Mensch mit ausgestreckten Armen bequem darin liegen kann. Die Kapsel ist mit einer 34 Grad Celsius warmen, gesättigten Salzlösung Magnesiumsufat gefüllt. Die hohe Salzkonzentration ermöglicht es, auf dem Wasser zu schweben. Dieser Schwebeeffekt im Verein mit der Reizdepirvation, der Tank ist schalldicht und es ist stockfinster, ermöglicht es, schnell in einen sehr entspannten Zustand zu kommen, der sich im EEG als Thetawellen aufzeichnen lassen würde.
Im Grunde erfüllt der Floating-Tank für eine Stunde den Regressionswunsch, den wir alle hegen: zurück in Mamas Bauch, selig und nichtwissend im warmen Fruchtwasser schwimmen, behütet und geborgen, ohne Leistungsdruck und Lebenskampf.

Entwickelt wurde der Floating-Tank bereits in den 50er Jahren durch den Amerikaner John C. Lilly. In einem der ausliegenden Zeitungsausschnitte las ich sogar, das US-Militär habe den Floating-Tank als Folterinstrument nutzen wollen, weil sie glaubten, dass Reizdeprivation zermürbt und geständig macht. Da läßt man sich doch mal gerne foltern.

Ich fuhr mit der S-Bahn nach Hameln, dort holte mich Frank ab und wir fuhren weiter nach Bad Oeynhausen. Hier wartete bei der Firma Eigenzeit der Floating-Tank auf uns. Die sehr freundliche Betreiberin begrüßte uns herzlich und gab uns eine kurze Einführung in das Prozedere. Auf dem Informationsbogen stand, bei Anfälligkeit für Seekrankheit solle man Bescheid sagen. Da ich diese Anfälligkeit während des La Gomera-Urlaubs erleben musste, meldete ich mich und bekam ein homeopathisches Mittelchen dagegen, wobei ich sicher auch ohne das nicht unter Übelkeit gelitten hätte, der Seegang im Floating-Tank hält sich in Grenzen :-)

Der Floating-Bereich bestand aus einem sehr großen Badezimmer, einer Diele mit Garderobe zum Ablegen der Kleidung und dem eigentlichen Floating-Raum. Im Badezimmer musste man sich zunächst abduschen. Es wurde empfohlen, Ohropax zu verwenden, da es sonst zu Salzeinlagerungen im Ohr kommen könnte. Da Raven eben diese unangenehme Erfahrung gemacht hatte, steckte ich mir brav die Wachskügelchen in die Ohren.
Splitternackt krabbelte ich in den Tank, tarierte mich kurz aus und schloß den Tank via Knopfdruck. Mit einem weiteren an der linken Innenseite angebrachten Knopf löschte ich die Notbeleuchtung. Auf der rechten Seite befand sich ein Notknopf für den Fall, dass einem schlecht werden würde.
Da lag ich nun in vollkommener Stille und Dunkelheit, absolut reizfrei, endlich, endlich reizfrei. Ich kann gar nicht beschreiben, welche Wohltat das für eine ständig überreizte HSP ist! Das einzige was ich hörte, war mein eigener Herzschlag und mein Atem. Die Erleuchtung ist mir zwar nicht gekommen, aber da ich sowieso viel zu sehr im Kopf lebe, bin ich froh, wenn ich mal keine Bilder im Kopf habe und mich stattdessen am puren Körpergefühl erfreuen kann. Wie für die Massage gilt, es würde mir sicher besser gehen, wenn ich jede Woche in den Tank steigen könnte. Zur Gesundheitspflege erscheint mir gerade für HSPs der Tank Pflicht. Die Krankenkassen werfen für allen möglichen Müll Geld heraus, aber für wirklich hilfreiche Dinge wird natürlich nichts investiert.
60 Minuten planschte ich in der Abgeschiedenheit, eine ausreichende Zeit, selbst als HSP will ich ja nicht mein ganzes Leben im Tank verbringen. Das Ende der Session wurde durch das Einspielen einer sanften Unterwasser-Musik eingeleitet, dann öffnete sich der Tankdeckel fern gesteuert. Vertreibung aus dem Paradies.
Wer mag, kann die Reizdeprivation abmildern, in dem er diese Musik während des gesamten Floatens bestellt, zusätzlich ist noch Lichttherapie im Angebot. Ah nein blos nicht, ich will es dunkel und still haben.
Anschließend duschte ich mir das Salz von der Haut und zog mich wieder an.

Nach mir war Frank an der Reihe, während ich bei einer Tasse Tee auf ihn wartete. Beanstanden kann man bei Eigenzeit nur, dass sie für relaxte Floater keine Liegestühle, ja nicht mal einen normalen Stuhl zur Verfügung stellten. Ich musste auf einem schrecklich unbequemen Barhocker Platz nehmen und blätterte in einem Buch, welches ich dort in der Bücherkiste gefunden hatte: “Frauen, die schreiben, leben gefährlich” ;-)
Frank berichtete von seinem Floating-Erlebnis, er habe anfangs Beklemmungen empfunden und den Deckel wieder aufmachen müssen, erst allmählich konnte er sich auf das Schwebeerlebnis einlassen. Ich wunderte mich sehr darüber, hat das Floaten doch etwas von der Heimkehr in die Alleinheit, aber dieses Erlebnis der verschwimmenden Grenzen, beunruhigt offenbar viele Menschen, denn in vielen Zeitungsartikeln über das Floaten war von ähnlichen Anfangsängsten die Rede. Beginnern wurde gar vom Tankerlebnis abgeraten, sie sollten das Schweben erstmal in einem offenen Becken ausprobieren. Offenbar bekennt sich nicht jeder so offen zu seinen Regressionswünschen wie ich :-)

Die 60 Minuten hatten 60€ gekostet, also ungefähr so viel wie eine Massage. Gut investiertes Geld und es war bestimmt nicht das letztemal, dass ich mir das Schwebeerlebnis gegönnt habe.

Danach gingen wir Mittagessen beim Italiener, wo ich einmal mehr über meinen geringen Appetit überrascht war. Die Ursachen machen mir indessen große Sorgen, langsam werde ich auch noch zum körperlichen Krüppel und das bei meiner Ärztephobie.

Ein Besuch bei Kätzchen Phoebe in Franks Hexenhäuschen rundete den Tag ab. Frank hat ein homeopathisches Mittel für mich ausgependelt, huch, das muss ich mir noch besorgen, vielleicht hilft es ja.

Resümee des Urlaubs

Ich habe tapfer gegen die Burn out Symptome gekämpft, wobei das vielleicht völlig verkehrt war und ich mir einfach die Ruhe hätte gönnen sollen. Andererseits ist es ja nicht so, dass ich während einer Arbeitswoche überhaupt nicht zur Ruhe komme. Wenn ich frei habe, will ich doch so viel machen.
Mein Putzpensum habe ich nicht erfüllt. Einzig das Nähzimmer habe ich ausgemistet und geputzt, auf diese Leistung bin ich sehr stolz, so ordentlich sah es dort noch nie aus.
Wenn schon nicht putzen, dann wenigstens schreiben. Ich habe ein weiteres Kapitel meines Romans angefangen. Ich hoffe, das letzte Kapitel hat meinen Lektor nicht zu sehr schockiert.
An manchen Tagen war eben nicht viel mehr als Lesen und Fernsehen drin, da war es schon anstrengend aufzustehen und etwas zu trinken zu holen. Andere Tage waren wieder ganz gut, aber tendenziell schwinden die Kräfte langsam dahin. Manchmal habe ich versucht, mich mit Bachblüten über Wasser zu halten.

  • Mustard gegen Depression
  • Olive gegen Erschöpfung
  • Wild Rose gegen Resignation
  • Gorse gegen Hoffnungslosigkeit
  • Water Violet gegen Arroganz

In der Tat scheine ich vom Stadium der Verzweiflung in das Stadium der Resignation gerutscht zu sein, dem Endstadium, aus dem alte Zynikerinnen entspringen. I´m old an tired of war.
Bin ich jetzt erholt? Ich bin sicher wieder funktionstüchtiger für die Arbeitswelt geworden, aber meine Seele beweint ihre eigene Agonie. Gebrochene Herzen heilen nicht.

Mittlerweile ist Montag, 14.Mai, der erste Arbeitstag liegt hinter mir. Wir vor dem Urlaub üblich musste ich zwei Stunden telefonieren und vier Stunden e-mail Schreiben. Da ist noch erträglich, aber diese schrecklichen zwei Stunden wollten nicht vorüber gehen und mir ging diese scheiß Telefonierei schon wieder auf die Nerven. Sollten sie mich jemals wieder zu 6h Telefonie verdonnern, ist der nächste Zusammenbruch nicht weit.

Jetzt höre ich besser auf zu schreiben, denn ich bin in so verheulter Stimmung, dass ich sofort den globalen Selbstzerstörungsknopf drücken würde, wenn ich denn einen hätte.

Der Beitrag wurde am Montag 14. Mai 2007 um 21:09 veröffentlicht und wurde unter Seelenleben abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare sind derzeit geschlossen, aber Du kannst einen Trackback auf deiner Seite einrichten.

7 Kommentare

  • ToulexisToulexis sagt:

    Nein, der Lektor war nicht schockiert, auch wenn das Kapitel nicht ohne ist.

    Leider sind gehört auch die Gattung “Freizeitlektor” zur Art Homo (hoffentlich ein bisschen) sapiens, so dass ihre Vertreter hin und wieder unter diversen Überlastungserscheinungen leiden und mit Reaktionen ins Hintertreffen geraten können. Lass Dich also dadurch nicht vom Weg des Schreibens abbringen, auch wenn der oben zitierte Buchtitel so etwas vielleicht nahe legt.

  • PersephonePersephone sagt:

    @Toulexis:
    Willkommen im Club der Überlasteten. Erhole Dich gut, damit dem Freizeitlektor eines Tages die Korrekturfeder wieder leicht über die Seiten schwebt.
    Lieben Dank für das Lebenszeichen

  • AmaltheaAmalthea sagt:

    Liebe Persephone,
    seit ein paar Tagen spukt mir ein Liedtext im Kopf herum (von „The Calling“), das mir zu Denken gegeben hat, vielleicht muntert es dich auch etwas auf.
    I want love
    To carry me through
    All the moments, I’d kindly undo
    Locked away
    So I can feel safe
    Now that I’m down on my knees, begging for change
    Look down at the water
    Before I jump in
    To find I was sinking fast, in all that might have been
    What I need now is an honest answer, to make things better
    You can see now my hands are tied, and I surrender
    So I’ll wait here for your final answer
    IS THERE LOVE WITHOUT HATE
    IS THERE PLEASURE WITHOUT PAIN?
    Auf den Liedtext bin ich übrigens durch einen meiner geliebten Mangas gekommen. (Mein armer Freund sieht bald selber so aus wie eine Mangafigur, hat sich die Haare wachsen lassen.) Der Manga erzählt von einem Achter-Einser-Pairing, und als ich es ihm erzählt habe, stöhnte er nur (er kennt das Enneagramm auch): „Um Gottes Willen – überleben die die ersten fünf Minuten, ohne sich gegenseitig umzubringen?!“ „Bis jetzt schon,“ habe ich gegrinst.
    Dazu kam noch ein Zitat von Byron Katie aus dem Buch „I Need Your Love – Is That True?“
    Heaven: „This is wonderful. I could stay here forever.“
    Hell: „This is not quite perfect.“
    Seufz. Es gibt eben kein vollkommenes Glück, außer das, was man in sich selbst findet. Auch der netteste Partner wiegt längst nicht alles auf, das stelle ich immer wieder fest. Manchmal jammere ich meinem Freund vor, ich sollte eine Enneagramm-Anzeige aufgeben nach dem Muster von „Zweier- und Sechser-geschädigter Vierer sucht anderen Vierer zum Ausweinen und Achter oder Einser zum Anlehnen“ und dann mal sehen, was passiert. :grin:
    Ich habe übrigens vor ein paar Wochen eine Kerze für die angezündet, die scheint aber nicht viel gebracht zu haben bisher. Ich wünsche dir auf alle Fälle viel mehr Liebe für die Zukunft. Liebe ist zwar auch nicht die ultimative Antwort, aber ein ziemlich gutes Heilmittel, um Kopf und Bauch zu verbinden. Lilith ist die Mutter allen Lebens, von Schmerz genauso wie von Freude, also sage ich mir: there is no pleasure without pain…

  • PersephonePersephone sagt:

    @Amalthea:
    Ehrlich gesagt ist mir dieser Kommentar etwas säuerlich aufgestoßen. Du redest hier davon, es gäbe kein vollkommenes Glück. Ach was! Für wie naiv hälst Du mich wohl? Rede ich hier vom vollkommenen Glück? Nein. Ich rede hier wohl eher vom fast vollkommenen Unglück.
    Interessant, dass solche Sprüche immer von Leuten kommen, die in einem intakten sozialen Netz leben bzw. zumindest einen Partner haben und dann den einsamen Menschen über Glück belehren wollen.
    Ich kotze über solche Sprüche von Leuten, die, aus meiner Sicht, in einer emotionalen Luxus-Umgebung leben und mir eine Lektion über Glück geben wollen, als sei ich geistig zurückgeblieben.
    Ich koche vor Wut. Und Deinen Spruch:” there is no pleasure without pain” kann ich locker kontern mit “but there is pain without pleasure”.

  • RavenRaven sagt:

    Schön, dass Dir der Floating Tank genauso gut gefallen hat wie mir.
    Ich sag’s ja: Floating Tanks für alle! Oder zumindest für uns Psycho-Wracks täglich auf Rezept. ;) Man wäre ein gutes Stück ausgeglichener.

    Nur schade, dass die Erholung nie lange vorhält. 2 Tage zurück in seinem üblichen Umfeld, mit all dem Mangel und der geistigen Vergewaltigung in einem Job, der seinem Wesen so sehr entgegenläuft, und schon ist man wieder genauso unglücklich und ausgepowert wie vorher. :cry: Alles andere wäre auch unlogisch: Wenn die Tanks permanent leer sind, weil man im Alltag kaum bis keine Kraftquellen mehr hat, geben solche seltenen Glückstage, so schön sie auch sind, nur einen kleinen Schub.

    So ging es mir auch letztes Jahr mit unserem Ostseeurlaub. Der hat allerdings erstaunlich lange vorgehalten, ich bin der festen Überzeugung, dass ich schon viel eher kollabiert wäre ohne…

    Was für ein Jammer, dass es dieses Jahr für uns beide so düster aussieht, weil wir genau die gleichen Hindernisse haben. Wenn wenigstens genügend Geld da wäre, könnte man das Luxus-Pfötchenhotel o.ä. bemühen und sich einen gemeinsamen Urlaub gönnen… :sad:

    Ich drücke Dir die Daumen, dass Du weiter und vor allem sicher vorwiegend zum Mailschreiben eingesetzt wirst. Und natürlich für den Roman, dann können sie Dich irgendwann mal alle gerne haben!! :mrgreen:

  • PersephonePersephone sagt:

    Nach einer Woche Arbeit bin ich zwar noch nicht wieder ausgebrannt, aber es kotzt mich schon wieder so an, dass ich am liebsten aufhören würde zu funktionieren. Wenn es so weiter geht, tut mir mein Körper sogar den Gefallen, denn mir fängt an, die Luft wegzubleiben. Dazu später mehr am Telefon.
    Ich habe die Woche zwar überwiegend mails geschrieben, aber auch jeden Tag mehr telefoniert als mir lieb ist. Nächste Woche sieht es noch düsterer aus. Da muss ich schon laut Plan mehr telefonieren als mail schreiben. Vielleicht habe ich Glück und meine Lunge macht denen einen Strich durch die Rechnung :evil:
    Floating auf Rezept- das wäre toll, aber Dinge, die helfen, werden ja grundsätzlich nicht verschrieben. Statt dessen heißt es: machen sie doch eine Psychotherapie :shock: das ist zum ins Gesicht springen.
    Ja schade, dass es dieses Jahr nichts mit einem Urlaub wird. Wenn Phoebe kommt, kann ich die beiden Katzen sowieso erstmal nicht alleine lassen. Aber ich muss ans Meer, und wenn es nur für einen Tag ist.
    Ich freue mich auf den Tag, an dem ich ins Callcenter gehe und sage: heute kann ich nicht arbeiten, denn ich muss zu einer Signierstunde für mein Buch :mrgreen:

  • Persephones Welt » Burnout - Theorie und PraxisPersephones Welt » Burnout - Theorie und Praxis sagt:

    [...] Über meinen Burnout in der ersten Jahreshälfte 2007 habe ich schon in verschiedenen Einträgen dieses Blogs berichtet. Siehe: Ausgebrannt und Der verordnete Erholungsurlaub [...]

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